Im Affekt: Allüren im Teig

Nr. 36 –

«Ich kann kochen!», so liess sie uns kürzlich via «SonntagsZeitung» wissen. Oder auch, dass sie im Auto «chronisch zu schnell» unterwegs sei und, etwas politischer, dass Gitarrensolos «naturgemäss autoritär» seien und irgendwie auch «Ausdruck des Patriarchats». Ein richtiger People-Fragebogen halt, wie ihn nur die vorgelegt bekommen, die zwischen Prix Walo und Grand Prix Musik schon so berühmt sind, dass man sich nicht mehr nur für ihre Kunst interessiert, sondern auch für ihr Schinkli im Brotteig.

In dem sachte hymnischen Porträt, das die «Republik» über die Musikerin bestellt hatte, wäre es naturgemäss mehr um ihre Songs und ihr neues Album gegangen. Doch ein Beitrag mehr über den erfolgreichsten Schweizer Popexport der letzten Jahre, das war dem Onlinemagazin dann offenbar doch nicht attraktiv genug. Seis drum, kann vorkommen. Der freie Journalist blieb also auf seinem Text sitzen und bot ihn stattdessen der WOZ an, die ja sonst nicht unbedingt im Verdacht steht, dass sie übermässig dem sogenannten Mainstream huldigt. Also WOZ statt «Republik»? Alles klar, fand der Mann vom Label eine Woche vor Drucklegung. Es müssten dann nur noch, wie vereinbart, die Zitate autorisiert werden.

Am Tag vor Redaktionsschluss liess dann das Management der Musikerin ausrichten: Sorry, alles zurückgezogen, der Text könne nicht freigegeben werden. Schliesslich habe die Künstlerin mit dem Journalisten geredet im Glauben, das Porträt werde in der «Republik» erscheinen, nicht in der WOZ. Linksliberal digital oder einfach nur links, dafür auch auf Papier: Klar, das sind zwei ganz unterschiedliche Paar Schuhe.

Verhandeln war zwecklos, die Seite musste kurzfristig ausgewechselt werden. Und der Journalist? Er darf sich mit einem Ausfallhonorar trösten, wie das in jeder anständigen Redaktion üblich ist. Nur das Herzblut, das er in seine Arbeit gesteckt hat, es war für nichts und wieder nichts.

Womit bewiesen wäre: Nicht nur Gitarrensolos sind autoritär.