Diesseits von Gut und Böse: Verbrämte Rachegelüste

Nr. 41 –

In der Schweiz gibts zwar keine Gestapo oder Stasi, aber wenigstens die Kesb. So oder ähnlich muss der wirre Gedankengang aussehen, aufgrund dessen jemand bei der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde eine Gefährdungsmeldung platziert, nur weil ihm oder ihr ein Mensch politisch nicht genehm ist. So meldete ein Zürcher SVP-Gemeinderat der Kesb eine Ratskollegin der Grünen, weil deren vierzehnjährige Tochter am Klimacamp auf dem Bundesplatz teilgenommen hatte. Als öffentlich-rechtliche Person sei er dazu verpflichtet, von der Kesb abklären zu lassen, ob ein Kind gefährdet wurde, erklärte er im Gestus des ehrbaren Kleinbürgers auf Tele Züri. Auf die ergänzende Meldung, dass die Kesb den Fall bereits als unbegründet geschlossen hat, verzichtete der Sender.

Wie der «Bund» berichtete, trug sich vor einem Jahr in Bern Ähnliches zu. Dreimal reichte die Berner Kantonspolizei der Kesb eine Gefährdungsmeldung ein: Ein damals Vierzehnjähriger bewege sich im Umfeld der Reitschule, bei Kontrollen «verweigert er entweder die Aussage oder verwickelt die Polizisten in mühselige Diskussionen (…) ‹und sein Verhalten gegenüber Beamten wird immer respektloser›», hiess es über den Knaben, den die Schule bei einem Förderprogramm für Hochbegabte angemeldet hat.

«Wir teilen die Einschätzung mancher Kantonspolizisten, dass es für einen Jugendlichen schädlich sein könnte, sich im Umfeld der Reitschule zu bewegen, in keiner Art und Weise», liess sich dazu die Berner Kesb-Präsidentin zitieren. Die Kapo Bern distanzierte sich schliesslich von den Meldungen.

Zum Glück arbeitet die Kesb so professionell, dass sie sich nicht für Denunziationen einspannen lässt. Doch manch reaktionäre Seele träumt wohl bis heute von der Zeit, als vormundschaftliche Laienbehörden einer Familie noch wegen «liederlichen Lebenswandels» jederzeit die Kinder wegnehmen durften.