#digi: Mein Gesicht gehört mir
Wie sorglos der Blick auf die Digitalisierung sein kann, veranschaulichen aktuell die BefürworterInnen des E-ID-Gesetzes: Ein Ja am 7. März beende das «Passwort-Chaos» beim Onlineshopping, versprechen sie.
Das ist ein ziemlich eigenwilliger Fokus, geht es bei der Abstimmung doch um nichts Geringeres als die Frage, ob private Firmen künftig hochsensible Daten der BürgerInnen verwalten sollen.
Umso wichtiger, gibt es die Digitale Gesellschaft, kurz DigiGes. Sie hatte gegen das geplante E-ID-Gesetz das Referendum ergriffen. In netzpolitischen Debatten argumentiert sie konsequent aus einer Perspektive: «Unsere Tätigkeit orientiert sich an den allgemeinen Menschenrechten, und wir fordern diese für die digitale Welt ein.» Als Dachorganisation von zivilgesellschaftlichen Gruppierungen wie dem Chaos Computer Club hat sie zunehmend politische Schlagkraft entwickelt und bildet in der Schweiz ein Gegengewicht zur profitgetriebenen Standortinitiative Digitalswitzerland (siehe WOZ Nr. 3/2021 ).
An ihrem jährlich stattfindenden Winterkongress feiert die DigiGes am 26. und 27. Februar ihr zehnjähriges Bestehen. Analog zur politischen Arbeit werden am Winterkongress Digitalisierungsversprechen auf ihre Konsequenzen überprüft. Gleich mehrere der rund dreissig Onlineveranstaltungen beleuchten, wie im Namen der öffentlichen Sicherheit europaweit neuartige Überwachungsmethoden eingesetzt und wie dabei Grundrechte verletzt werden.
Zum Symbol für diese Entwicklung wurde der Berliner Bahnhof Südkreuz. Dort wurde 2017 eine Gesichtserkennungssoftware getestet, die nun auch in weiteren Städten eingesetzt werden soll. Wer am Bahnhof ein- oder ausstieg, dessen Gesichtszüge wurden von Kameras erfasst und mit einer Datenbank abgeglichen, um mögliche StraftäterInnen zu identifizieren.
Gegen diese Praktiken wehrt sich die europäische BürgerInneninitiative Reclaim Your Face, die am Winterkongress vorgestellt wird. Eine Million Unterschriften aus ganz Europa sollen den Druck auf das EU-Parlament erhöhen, um biometrische Massenüberwachung zu verbieten. Lanciert wurde die Initiative vom Verband European Digital Rights, dem auch die Digitale Gesellschaft angeschlossen ist.