Im Affekt: Der Papi als Supplement
Plötzlich war es da, dieses fürchterliche Unwort: «Papizeit». Lanciert wurde es 2015 mit einer Kampagne für den Vaterschaftsurlaub – seither hält es sich hartnäckig in den Schweizer Medien und prangt einem inflationär und penetrant regelmässig auf Zeitungstiteln entgegen. Diese Woche zum Beispiel auf der Front der Tamedia-Zeitungen: «Ueli Maurer will mehr Papizeit für seine Leute». Papizeit also.
Was für ein fürchterlich falsches Wort auch. Es klingt nach ein paar glatten Stunden vom Papi mit seinem Kind, nach Daddy-Quality-Time – nach einem Supplement zu jener «normalen» Zeit, die die Kinder mit ihren Müttern verbringen. Doch der Vaterschaftsurlaub sollte mehr sein als ein «Extra», er sollte nachhaltig den Weg in den neuen Alltag ebnen. Deswegen heisst die ganze Chose in Deutschland ja auch Elternzeit, da es weder um Urlaub noch um den Vater allein geht. Es geht darum, dass sowohl Mutter als auch Vater Zeit haben, eine Beziehung zu ihrem Baby aufzubauen, dass sie sich entlasten können, um die schlaflosen Nächte zu überstehen, sich gemeinsam in die neue Lebenssituation einleben können. Dass in der Schweiz die ganze Angelegenheit seit Jahren auf den Papi, also mal wieder auf den Mann, reduziert wird, scheint nur allzu symptomatisch für dieses Land mit seiner unschlagbar zurückgebliebenen und frauenfeindlichen Familienpolitik. (Die Schweiz hat erst 2005 überhaupt eine Mutterschaftsentschädigung eingeführt!)
Die Fortsetzung der Papizeit ist übrigens der Papitag. Es wimmelt nun von stolzen Vätern, die einem strahlend mitteilen, dass der Freitag ihr Papitag sei. Nichts gegen diese Väter, natürlich ist es wundervoll, dass sie sich liebevoll einmal in der Woche um ihren Nachwuchs kümmern. Doch warum um Himmelswillen müssen sie das «Papitag» nennen? Und was sind all die anderen Tage, haben die auch Namen? Und vor allem: Was sind die Papis an jenen Tagen, an denen kein Papitag ist? Sind sie dann nicht auch Papi?
Man stelle sich nur mal eine Mutter vor, die von einem «Mamitag» spricht …