Im Affekt: Werben wie die Profis

Nr. 19 –

Zweieinhalb Jahre ist es her, dass die bis dahin politisch unauffällige Werbeagentur Komet landesweit Aufsehen erregte, weil sie sich vor den Karren der SVP spannen liess und für die von Rechtsaussen lancierte Antimenschenrechtsinitiative trommelte. Wobei das Wort «trommeln» in diesem Fall auf die falsche Fährte führt, da die Kampagne der Berner Kreativen darauf verzichtete, allzu aggressiv Lärm zu schlagen. Stattdessen blickten eine sehr seriös wirkende Frau sowie ein sympathischer Kerl im T-Shirt überall im Land von den SVP-Plakaten; beide bekundeten ihr «Ja» zur nationalen Selbstbestimmung dezent mit einem Pappschild.

Offenbar fand man nun bei den ExpertInnen für «ganzheitliche Kommunikationsstrategien» (Komet-Website), dass es eine gute Idee wäre, fürs Impfen mit einer ähnlich weichgespülten Strategie zu werben. Da nämlich auch in Bern grössere Mengen an Impfstoff an die Frau gebracht werden müssen, beauftragte der Kanton, dessen Gesundheitsdepartement rein zufällig auch von einem SVP-Mann geleitet wird, die Agentur mit der Entwicklung einer Informationskampagne, um die Bevölkerung zum Impfen zu motivieren. Herausgekommen ist dabei ein Spot, der ein auf der Couch sitzendes und sich um die Fernbedienung streitendes Pärchen zeigt. Dann wird folgender Slogan eingeblendet: «Zum Glück kann bei der Corona-Impfung jeder für sich entscheiden.»

Angesichts dieser Pointe könnte man fast meinen, dass es den Bernern vor allem darum gegangen sei, mit ihrem Clip nicht irgendwelche ImpfkritikerInnen vor den Kopf zu stossen. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass man bei Komet viel grösser denkt und etwas Revolutionäres für die Branche leisten wollte: Hier nämlich haben wir es mit dem weltweit ersten Werbefeldzug zu tun, der seiner Zielgruppe sagt, dass sie genauso gut auf das beworbene Gut verzichten könne. Genial! Oder wie es auf der Komet-Website heisst: «Wir denken medienneutral in Touchpoints entlang der gesamten Customer Journey, an denen wir zielführend kommunizieren können.»

Tun Sie bitte sich selbst, Bill Gates sowie allen anderen einen Gefallen, und lassen Sie sich impfen – alles andere ist Quark!