LeserInnenbriefe

Nr. 19 –

Go, Trabi, go!

«Vernetzte Bibliotheken: Wer sucht, der findet nichts mehr», WOZ Nr. 13/2021

Es brennt in der Wunde, in die Benjamin von Wyl zurecht den Finger legt. Es brennt aber auch auf der bibliothekarischen Seele, vom Vergleich mit ostdeutschen Rennpappen zu lesen. Gerade im Angesicht eines Projekts, in das viele BibliothekskollegInnen viel Herzblut gesteckt haben. Anders als der Artikel suggeriert, legen sie auch jetzt nicht die Hände in den Schoss, sondern arbeiten jeden Tag an der Verbesserung von Swisscovery. Nicht für eine AG mit Sitz in Zürich, sondern nur für ihre NutzerInnen.

Die präzise recherchierten Probleme lassen sich keinesfalls wegdiskutieren. Im Gegenteil, es ist wichtig, diese offenzulegen, damit dort nachgebessert werden kann, wo es am meisten harzt. Die angesprochenen Gebühren sind aber ein gutes Beispiel: Einige Bibliotheken sind durch den Vereinheitlichungseffekt des Projekts überhaupt erst kostenlos geworden (zum Beispiel die ZB Solothurn), und die Mahngebühren sind mit dem Start von Swisscovery teilweise um die Hälfte gesunken.

Die Ausleihe funktioniert zudem seit dem ersten Tag an allen Bibliotheken, auch wenn ein gallisches Dorf in Form des in Szene gesetzten Selbstverbuchers am Englischen Seminar in Basel einen anderen Eindruck erwecken kann. Das Ausleihen von Büchern ist aber nicht mehr das einzige Standbein von Bibliotheken – die Vermittlung digitaler Medien zählt zum Kerngeschäft. Umso wichtiger war der Wechsel zu Swisscovery, da die alten Bibliothekssysteme die Verwaltung von Lizenzen und Onlinezugängen kaum beherrschten. Was dort nicht wie ein Printmedium händisch erfasst wurde, war aller Romantik zum Trotz weder im klassischen Katalog auffindbar noch im schmerzlich vermissten Swissbib.

Dank der kritisierten Neueinschreibung geniessen die NutzerInnen nun einen vorbildlichen Datenschutz: Sie allein entscheiden, was gespeichert, bearbeitet oder gelöscht wird. Zudem bietet dieses eine Konto nun Zugang zu allen Swisscovery-Bibliotheken. Egal ob in Zürich, Basel, Bern, Fribourg, Genf, Luzern, St. Gallen oder im Tessin – nirgendwo wird mehr eine Registrierung nötig. Es kann direkt bestellt, ausgeliehen, per Post oder Kurier geliefert werden.

Dies ist auch der wesentliche Unterschied zu Swissbib, wo nur Metadaten, aber keine Dienstleistungen zusammengeführt wurden. Quasi wie ein Onlineshop, in dem zwar alle Lieblingsweine gefunden, jedoch weder bestellt, noch geliefert, geschweige denn getrunken werden können. Insofern ist der Vergleich von 900 zu 470 teilnehmenden Bibliotheken genauso berechtigt, wie er hinkt.

Das Bibliotheksnetzwerk hinter Swisscovery strauchelt also keinesfalls – alle stehen hinter der Zusammenarbeit und engagieren sich für die Weiterentwicklung und Verbesserung. Zweifelsohne ist hier ein höheres Tempo angezeigt.

Ich bin zuversichtlich, dass hierfür keine Jahre ins Land gehen werden. Immerhin ist ein Trabi bekanntermassen leichter zu flicken als ein Ferrari und eignet sich im Gegensatz zu schnittigen Zweisitzern auch viel besser für den Transport von bibliothekarischen Grossfamilien, insofern: Go, Trabi, go!

Benjamin Flämig, Direktor Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern, per E-Mail

Unsorgfältige Initiativtexte

«Trinkwasserinitiative: Vollgas ohne Geld vom Staat», WOZ Nr. 13/2021

Vielen Dank an Bettina Dyttrich für den ausführlich recherchierten Artikel. Die Namen der beiden zur Abstimmung kommenden Agrarinitiativen sind wahrlich wohlklingend. Leider haben die Initianten bei der Ausgestaltung der Initiativtexte weniger Sorgfalt walten lassen als bei der Wahl der Titel. Eine von der eidgenössischen Forschungsanstalt Agroscope erstellte Studie zeigt, dass die Annahme der Trinkwasserinitiative gar negative Folgen für die Biodiversität und unseren Selbstversorgungsgrad hätte. Die Produktion von Lebensmitteln würde bei einer Annahme noch stärker ins Ausland verlagert, und so würden auch 160 000 Arbeitsplätze in vor- und nachgelagerten Unternehmen tangiert.

Zusammen mit meiner Familie bewirtschafte ich in 23. Generation einen Milchwirtschaftsbetrieb im Zürcher Oberland. Bauer zu sein, ist für mich kein Beruf, sondern eine Berufung. Eine intakte Umwelt und gesunde Böden sind die Grundlage für all unser Schaffen; weder mir noch meinen Berufskollegen würde es in den Sinn kommen, die Basis unseres Auskommens zu vergiften. Die Landwirtschaft hat in den letzten Jahren in den Bereichen Nachhaltigkeit, Gewässerschutz, Antibiotikaeinsatz und Biodiversität bedeutende Fortschritte erzielt und wird auch in Zukunft weitere Fortschritte machen; wir Bauern verstehen uns als Teil der Lösung. Auch künftig will ich gesunde und nachhaltige Lebensmittel für die BewohnerInnen der Schweiz produzieren. Bei Annahme der beiden leider zu extrem formulierten Initiativen wäre dies aber nur noch bedingt möglich, vermehrt kämen importiere Nahrungsmittel auf unsere Teller, dies notabene bei steigenden Lebensmittelpreisen. Seien auch Sie Teil der Lösung bei der Weiterentwicklung einer nachhaltigen und standortangepassten Schweizer Landwirtschaft, und lehnen Sie am 13. Juni 2021 die beiden kontraproduktiven Agrarinitiativen ab.

Reto Schaufelberger, per E-Mail