Im Affekt: Ehre, wem Ehre gebührt

Nr. 33 –

Hat Frank Schirrmacher das wirklich verdient? Der frühere Herausgeber der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» hatte bis zu seinem Tod 2014 zuverlässig gesellschaftliche Debatten lanciert. Wobei Schirrmacher nicht immer dicke Bretter bohrte – man lese nur seine Eloge auf Hollywoodstar Tom Cruise, in der er den Scientologen dafür pries, als Hitler-Attentäter Stauffenberg Deutschlands Ansehen in der Welt poliert zu haben. Trotzdem irritierte die dem Publizisten zu Ehren gegründete Frank-Schirrmacher-Stiftung kürzlich mit dem Entscheid, ihren diesjährigen Preis Multimilliardär Peter Thiel zu verleihen. Damit soll dessen «umfassendes Wirken in der Analyse der Chancen und Risiken des technologischen Fortschritts» gewürdigt werden, verkündete die Stiftung: «Ohne Rücksicht auf bestehende Denkverbote setzt er seine intellektuellen Impulse.»

Womöglich ist mit diesen «Impulsen» auch ein Essay Thiels aus dem Jahr 2009 gemeint, in dem dieser Demokratie und Freiheit für inkompatibel erklärt – was immerhin nachvollziehen lässt, warum sich der Tech-Unternehmer derart für die Idee interessiert, auf hoher See Privatstaaten für Superreiche zu errichten. Thiel, der mit dem Onlinebezahldienst Paypal und Facebook reich wurde, ist aber nicht nur Libertärer, sondern auch Unterstützer Donald Trumps: An dem früheren US-Präsidenten schätzte er vor allem seine menschenfeindliche Migrationspolitik. Thiel selbst hat zudem das Unternehmen Palantir gegründet, das Geheimdienste mit Software beliefert und den US-Behörden die Verfolgung von EinwanderInnen erleichtert.

Vielleicht wird ja Sebastian Kurz erläutern, wie dieses Businessmodell mit dem libertären Lobgesang auf die Freiheit des Einzelnen zusammengeht. Ausgerechnet Österreichs Kanzler soll nämlich die Laudatio auf Thiel halten. Immerhin: Wo Leute wie Thiel mit Preisen behangen und von lupenreinen Demokraten wie Kurz besungen werden, können sich alle notorischen Nichtpreisträger fast schon geschmeichelt fühlen.

Bisher haben diesen Preis übrigens nur Sympathieträger mit Penis wie Michel Houellebecq oder Ai Weiwei gewonnen.