#digi: Ausziehen, bitte!

Nr. 38 –

Bald dürfen die Behörden in Asylverfahren Smartphones, Laptops und andere Datenträger von Asylsuchenden durchsuchen und die Daten speichern. Das hat nach dem Nationalrat letzte Woche auch der Ständerat beschlossen. Die Gesetzesänderung wurde 2017 von SVP-Nationalrat Gregor Rutz angestossen.

Vordergründig geht es darum, die Identität oder den Fluchtweg von Asylsuchenden festzustellen. Tatsächlich handelt es sich um einen unverhältnismässigen Eingriff in die Grundrechte. Auf Smartphones und Tablets befinden sich meist auch höchst intime Daten, die in einem Asylverfahren nicht relevant sind oder den Staat nichts angehen. Die Behörden erhalten somit auch Einblick in private Chats oder die Korrespondenz mit Anwältinnen und Ärzten.

In Strafverfahren ist eine Entnahme von Datenträgern nur auf richterliche Anordnung erlaubt – das garantiert die Rechtsstaatlichkeit. Nun sollen BeamtInnen des Staatssekretariats für Migration (SEM) selber entscheiden können, wann sich eine Person im Asylverfahren elektronisch völlig entblössen muss. Gemäss Gesetz ist eine Abnahme der Datenträger unter Zwang zwar unverhältnismässig – Zwangscharakter hat das Gesetz trotzdem: Kooperieren die BewerberInnen nicht, riskieren sie eine Sistierung des Asylverfahrens für drei Jahre.

Auch der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte äusserte Zweifel daran, ob dieses Vorgehen grundrechtskonform sei und «die vorgeschlagenen Massnahmen geeignet sind, die gewünschte Wirkung zu erzielen». Denn es ist fraglich, ob dieser schwere Eingriff in die Privatsphäre überhaupt wirksam ist. In einem Pilotprojekt hatte das SEM zwischen November 2017 und Mai 2018 Smartphones und Laptops ausgewertet und nach eigenen Angaben bloss in 15 Prozent der Fälle nützliche Hinweise gefunden. Aktuelle Forschung aus Deutschland zeigt dagegen, dass solche Datenauswertungen vor allem teuer und unzuverlässig sind.

Selbst der Bundesrat gestand noch im Januar ein, dass Wirksamkeit und Tauglichkeit «zum heutigen Zeitpunkt nicht abschliessend beurteilt werden können». Ein Bericht drei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes soll Licht ins Dunkel bringen. Erst der Grundrechtseingriff, dann der Nachweis der Verhältnismässigkeit? Das ist die falsche Reihenfolge.