Im Affekt: Der Teufel steht links

Nr. 43 –

Kürzlich in Winterthur, als sich die Szene wieder mal traf. «Hier, die neue ‹Petrale›», sagt der Mann, der auf diesen Künstlernamen hört, und streckt uns ein paar CDs hin. Die neue Platte heisst «Mirabilis Jalapa», und es gibt sie seit April auch im Netz, aber das wäre nicht dasselbe. Seit 2017 produziert Petrale jedes Jahr ein Album mit grimmigem Black Metal, alleine in seinem Proberaum. Immer im Frühling zieht er los, manchmal mit dem Fahrrad quer durchs Mittelland, und verteilt die CDs an unzähligen Konzerten; nach Geld fragt er nie. Dieses Jahr hat es etwas länger gedauert, aber endlich sind Leute wie er wieder unterwegs – danke, Zertifikat!

Und die Musik auf diesen Platten: unglaublich! Petrale kann Schlagzeug spielen, singen und Software bedienen, also programmiert er Gitarren und Bass am Computer. Die beklemmende Wirkung, die diese sterilen Sounds erzeugen: phänomenal! Aber man muss schon genau hinhören, um der seltsamen Wirkung auf die Schliche zu kommen; beim Programmieren achtet Petrale nämlich darauf, kleine Fehler einzubauen: falsch «gegriffene» Töne, zu stark «gedehnte Saiten». Doch diese avantgardistisch anmutenden Tricks kommen aus blosser Notwendigkeit, Petrale liebt Black Metal der alten Schule: roh im Klang und vor allem möglichst dissonant. Wenn es um eine Band geht, die auch mal Melodien spielt, sagt er nur: «Das ist halt Lagerfeuermusik.»

Nicht selbstverständlich ist, dass sich diese Musik explizit gegen die rechten Tendenzen in der Szene richtet. «Petrale ist überzeugt, dass der Teufel sich einen Dreck um Nationalitäten und Reichtum schert», heisst es auf der Innenseite der CD. Vielleicht wächst ja gerade ein Antifa-Trend im Schweizer Black Metal heran. Man sehe sich nur mal das kürzlich erschienene Video zum Song «Power to the Filthy Masses» der Basler Band Gravpel an: Da posiert eine diverse Horde von Anarchopunks mit Fackeln und Schusswaffen, Männer knutschen miteinander, Autos werden zertrümmert. So viel zu links und nett.

Die fünf Platten von Petrale gibts am Lagerfeuer Bandcamp, aber vor allem am nächsten wütigen Gig in deiner Nähe.