Im Affekt: Lasst sie den Frieden stören!

Nr. 45 –

Das sieht man nicht alle Tage: Der Träger eines Schweizer Musikpreises, verliehen vom Bundesamt für Kultur, springt über die Bühne eines autonomen Kulturzentrums und schreit ins Publikum; der Boden ist klebrig, der Punk hart. Zu beobachten war die Szene neulich im KuZeB in Bremgarten, auf der Bühne Louis Jucker mit seiner Hardcoreband Coilguns. Überraschen konnte die Szene nicht, wenn man Juckers Rede an der Verleihung des Musikpreises vor ein paar Wochen gesehen hatte, die man auch auf Youtube anschauen kann – eine «Anleitung für urbanen Punk» und eine Hommage an seine Heimatstadt La Chaux-de-Fonds.

Auf der riesigen Bühne holte Jucker seinen mit Aufklebern gepflasterten Laptop aus einer gestrickten Tasche und begann vorzulesen. Und weil man dieses Programm für fruchtbare Kulturarbeit an der Basis auch überall sonst sofort umsetzen müsste, hier noch mal die wichtigsten Punkte:

  • Haltet die Mieten tief, vermeidet teure Einbauküchen und schicke Ökoquartiere.
  • Lasst Einöden und verschwommene Orte stehen.
  • Lasst die Künstler:innen entscheiden, wie professionell sie sein wollen, und gebt auch denen Geld, die ihr für Amateure haltet.
  • Lasst Bars sehr laute Musik spielen, auch wenn sie in den Ohren schmerzt.
  • Lasst Veranstalter:innen billiges Dosenbier verkaufen und Sandwiches ohne Hygieneregeln zubereiten.
  • Benennt Strassen nach Leuten, die den öffentlichen Frieden gestört und illegale Konzerte organisiert haben, denn sie halten eure Lieblingsmusiker:innen am Leben.
  • Lasst Musiker:innen ohne Bewilligung in Kellern, Garagen und verlassenen Industriehallen spielen.
  • Lasst sie in ihrer Nische basteln, auch wenn euch die Musik oder die politische Haltung nicht gefällt – irgendwann werden sie auf einer solchen Bühne stehen und einen solchen Preis entgegennehmen.

Einmal ist kurz Kulturminister Alain Berset im Bild. Sein Blick ist schief.