Im Affekt: Spiel mit dem Klima
«We can do this if we act now» – wenn wir jetzt handeln, schaffen wir das. Was? Das «Race to Zero», den Wettlauf gegen die Zeit mit Ziel netto null. Beides steht auf dynamisch geschwungenen Stellwänden geschrieben. Dazu gesellt sich ein aus Pflanzen gebildeter Schriftzug, angeführt von einem Rautezeichen, damit die davor Posierenden den gleichlautenden Hashtag – «#COP26» – beim Posten in den sozialen Medien nicht vergessen.
Bei dieser «Motivationsveranstaltung», O-Ton ARD-«Tagesschau», handelt es sich wohlbemerkt nicht um einen Influencerevent von Nike («Just do it»). Hier wird gegen die Klimakrise angerannt. Und weil man offenbar antizipiert hat, dass Greta Thunberg ein Auge auf leere Worthülsen werfen und solche als «Blablabla» anprangern würde, verlinkt das Twitterprofil der COP26 direkt zu den Medienbildern. Da hängt dann eine Attrappe des Erdballs in lilastichigem Blau. Ob so die Meere getönt sein werden, sollten sämtliche Korallenriffe absterben? Stilsicher mit runden Ikea-Lampen kombiniert, ergibt sich so ein innovatives Planetensystem. Die zweite dominante Farbe am Event musste natürlich Grün sein. Sollte die an Greenscreens erinnernde Nuance Unsichtbarkeit symbolisieren? Dazu anregen, sich auf den entsprechenden Flächen alle erdenklichen Animationen vorzustellen?
Links eines dafür geeigneten Teppichs weist ein Pfeil in Richtung «Action Hub», rechts gehts zu den «Action Rooms». Ein Verdacht drängt sich auf, wieso das alles so rätselhaft wie eine futuristische Primarschule anmutet: Wurden die Verhandlungen insgeheim in sogenannten Escape-Rooms durchgeführt, aus denen sich jeweils eine Gruppe Spielender durch gemeinsames Rätsellösen zu befreien versucht? Spieltheoretisch ist bei einem Allmendgut wie der Erdatmosphäre zumindest logisch, dass Ländervertreterinnen und Lobbyisten zunächst Eigeninteressen voranstellen. Verlieren würden so aber letztlich alle. Einige Nationen sind darum angewiesen, Level 26 zu wiederholen. Doch von der auf dem Spiel stehenden Erde gibts nur eine, und das Zeitbudget, um die 1,5-Grad-Kurve noch zu kriegen, ist knapp.
Ein gerne unter den grünen Teppich gekehrter Tipp: (Unfaire) Spielregeln lassen sich auch ändern!