#digi: Mehr Lohn, weniger Cyberwaffen
Für Spotify-Nutzer:innen ist der Dezember ein aufschlussreicher Monat. Dann liefert der Musikstreamingdienst eine Statistik über das eigene Hörverhalten: Wie viele Stunden habe ich zu Taylor Swift getanzt? Welche Genres bestimmten meinen Alltag? Gleichzeitig lieferte CEO Daniel Ek einen erhellenden Einblick in seine eigenen Vorlieben: Der Mitgründer des schwedischen Musikriesen investierte hundert Millionen Euro in das Münchner Start-up Helsing.
Die Firma wirtschaftet im wachsenden Sektor, in dem künstliche Intelligenz für militärische Zwecke genutzt wird. Schätzungen gehen davon aus, dass sich dieser Markt innerhalb der nächsten fünf Jahre verdoppeln wird. Helsing mischt mit und will Militärs dabei helfen, bessere Entscheidungen zu fällen – und gemäss Eigenwerbung «liberale Demokratien in einer immer volatileren Welt schützen».
Ek ist von dieser Idee hellauf begeistert. Die Firma sei «ehrgeizig, ethisch und von der Aufgabe geleitet, zum Aufbau einer florierenden Gesellschaft beizutragen». Das investierte Geld stammt aus einer von Ek gegründeten Investmentfirma, deren Ziel es ist, «der Gesellschaft zu einer besseren Zukunft zu verhelfen». Auch wenn das Geld aus Eks Privatvermögen stammt, zahlen schlussendlich die Nutzer:innen von Spotify auch dafür. Seit Jahren verzeichnet der Dienst ein konstantes Wachstum. 2020 betrug der Umsatz rund acht Milliarden Euro. Ek hat sein Vermögen von rund vier Milliarden Euro in einem System erwirtschaftet, das Künstler:innen schlecht entlohnt und abhängig macht. Statt das Geld in dubiose Firmen zu investieren, könnte er sich ja auch diesem Problem widmen.
Denn die militärische Nutzung von künstlicher Intelligenz verspricht nicht nur Profit, sondern bringt auch grosse Gefahren mit sich. Weltweit gibt es Bemühungen, die Entwicklung und den Einsatz von autonomen Waffensystemen zu verbieten (siehe WOZ Nr. 47/2018 ). Im Dezember soll in Genf darüber verhandelt werden. Die USA, Grossbritannien, Russland, Israel oder China wehren sich gegen Regulierungen. Und die Schweiz glänzt mit Opportunismus und Gleichgültigkeit. Künstliche Intelligenz und Autonomie im militärischen Bereich biete nebst «ethischen Herausforderungen» auch «vielerlei Chancen», liess der Bundesrat im Februar verlauten.