Diesseits von Gut und Böse: Mühle der Gerechtigkeit
Zum Glück haben wir Medienvielfalt, denn die folgende Nachricht werden Sie in Tamedia-Zeitungen nicht finden.
Zur Vorgeschichte: Im letzten Sommer stellte die «Megafon»-Redaktion der Reitschule Bern ein satirisches Meme auf Twitter, das eine Menge Aufregung und Likes generierte (siehe WOZ Nr. 27/2021 ). Bei der Tamedia AG gelangte man gar zur Auffassung, das «Megafon» habe zur Tötung jener Journalistin aufgerufen, die sich gern «Jeanne d’Arc der Pressefreiheit» nennt, und erstattete Strafanzeige wegen «öffentlicher Aufforderung zu Verbrechen oder zu Gewalttätigkeit».
Seither ist viel passiert. Weil eines der vielen Likes unterm Meme von der Gründerin des Vereins Netzcourage stammte, fühlten sich ein paar Gestalten im rechten Politlager dazu berufen, dem Verein die finanzielle Unterstützung des Bundes entziehen zu lassen. Und im Herbst wurde die «Megafon»-Redaktion in der Zeitschrift «Schweizer Journalist:in» zur «Chefredaktion des Jahres» gewählt.
Jetzt – ein halbes Jahr später – hat die Staatsanwaltschaft Bern das Verfahren eingestellt: Die Strafanzeige von Tamedia habe die «dem Meme beigefügten Textstellen, welche den satirischen Grundton unterstreichen, vollumfänglich» ausgeblendet.
Weil die Anzeige ein Offizialdelikt betraf, der Staat also in jedem Fall aktiv werden muss, trägt jetzt übrigens auch die Staatskasse die Kosten und nicht der wild gewordene Medienkonzern.
Bitte sagen Sie trotzdem Ja zur Medienförderung!