#digi: Was bringt das Schweizer Digilabel?

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Es gibt ein neues Label, das sich «Digital Trust Label» nennt. «Ähnlich wie das Biolabel und die Nährwerttabelle für die analoge Welt dient das Digital Trust Label als Vertrauenssiegel in der digitalen Welt», erklärte Altbundesrätin Doris Leuthard letzte Woche an der Onlinepressekonferenz der Stiftung Swiss Digital Initiative. Die Stiftung, die von Leuthard präsidiert wird, hat das Label entwickelt; es verspricht «Sicherheit, Datenschutz, Zuverlässigkeit, faire Interaktion mit Nutzer:innen».

Hinter der Stiftung steht Digitalswitzerland, eine Organisation, in der neben zahlreichen Unternehmen (von ABB über Ringier und Swisscom bis Zoom) auch viele öffentliche Institutionen und Behörden dabei sind. Digitalswitzerland hat sich einst für die Einführung einer elektronischen Identitätskarte (e-ID) starkgemacht, die von Privaten und nicht vom Staat herausgegeben wird. Der Bund unterstützte dieses Ansinnen. Die Vorlage scheiterte dann aber vor einem Jahr an der Urne.

Was bringt nun das Label? Die Digitale Gesellschaft, die damals das Referendum gegen das e-ID-Gesetz ergriffen hatte, war am Rand in die Entwicklung des Labels involviert. Erik Schönenberger sagt, sie seien gebeten worden, den Kriterienkatalog zu beurteilen. Doch hatten sie zu wenig Zeit, um das seriös zu machen. Deshalb kann er im Moment nicht viel dazu sagen. Bezüglich freiwilliger Labels hat er jedoch eine klare Haltung: «Die bringen generell wenig. Viel wichtiger ist es, ein griffiges Datenschutzgesetz zu haben. Zudem wäre es nötig, gute Algorithmen- und IT-Sicherheitsgesetze zu schaffen.»

Hernâni Marques vom Chaos Computer Club ist ebenfalls skeptisch und konstatiert, dass das Ganze etwas zahnlos daherkomme. Weder Free Software noch Open Source kämen darin vor, was wichtig wäre, um vertrauenswürdige Grundlagen zu haben, sagt Marques und verweist auf den Ratgeber zur digitalen Nachhaltigkeit, den die WOZ herausgegeben hat (siehe digitale-gesellschaft.ch/nachhaltigkeit ). Marques ist überzeugt, dass sich mit einem Label die wirklichen Probleme nicht lösen lassen. Es bräuchte eine neue digitale Strategie: «Zukunftsfähige Systeme müssen so konstruiert sein, dass es gar kein blindes Vertrauen mehr braucht – weil Soft- wie Hardware transparent gebaut sind.»