#digi: Inkontinente Websites
Wollen Sie, dass Facebook es mitkriegt, wenn Sie online einen Termin bei der Urologin vereinbaren? Oder dass Google weiss, bei welcher Bank Sie Kundin sind?
Solche Datenabflüsse sind leider gängige Praxis. Nicht nur mittels Cookies, die wir wegen hinterhältiger Strategien fast immer akzeptieren. Auch die Einbettung von Analysetools, Schriftarten oder anderen praktischen Diensten liefert den Digitalkonzernen fleissig Daten über das Verhalten der Nutzer:innen. Daten, die verwendet werden, um uns von Google, Facebook und Co. noch abhängiger zu machen.
Auch wenn wir von der Datensammlerei wissen, nehmen wir sie kaum wahr. Darum betreibt der Informatiker und Comiczeichner Marc Véron seit rund einem Jahr die Website dateninkontinenz.ch. Dort dokumentiert er Schweizer Seiten, die sich an dieser Praxis beteiligen. «Die insgesamt abfliessende Datenmenge ist gigantisch», sagt er. «Im Verhältnis dazu ist das Problembewusstsein minim.» Véron versucht, die Ausmasse des Problems zu veranschaulichen. Dank der Lightbeam-Extension von Firefox werden die Netzwerke der Datenflüsse beim Surfen aufgezeichnet und bildlich dargestellt. Fast immer laufen die Fäden bei Google zusammen. Auch Kantonalbanken, ein Grossteil der Schweizer Spitäler oder die kantonalen Datenschutzbeauftragten machen solche Datengeschenke an Digitalkonzerne.
Mit Ausnahme weniger Medien – darunter WOZ, «Republik» oder «Journal21» – beteiligen sich auch die Verlagshäuser am Datensammeln und -weitergeben. Gleichzeitig beschweren sie sich, dass ihr Geschäftsmodell durch Google oder Facebook bedroht ist. So will Véron auch das Bewusstsein für jene Abhängigkeiten schärfen: «Da herrscht fast flächendeckend eine erschreckende Naivität.»
Derweil können die Nutzer:innen selbst wenig dagegen unternehmen, dass ihre Daten ins Ausland abfliessen. Ohnehin solle der Schutz vor Datenweitergabe nicht den Endnutzer:innen aufgebürdet werden, meint Véron. «Da müssen die Websiteinhaber in die Pflicht genommen werden.»
Im Comic «Siebenspiel 3. Goggel, Fatzke & Zwitsch» behandelt Véron gemeinsam mit Pidi Zumstein die gigantischen Datencluster, die durch die globale Überwachung entstehen. Zu bestellen unter www.siebenspiel.ch.