#Digi: So stimmts noch nicht
Was lange währt, wird endlich gut: Ob sich das Sprichwort beim elektronischen Abstimmen bewahrheitet, bleibt weiter im Dunkeln. Auch nach zwanzig Jahren Tüfteln und Programmieren genügen die Systeme den hohen Ansprüchen und Erwartungen nicht. Das zeigen die Prüfberichte unabhängiger Expert:innen über das neu entwickelte E-Voting-System der Post, die die Bundeskanzlei letzte Woche veröffentlichte.
Die Post hatte ab Anfang 2021 verschiedene Elemente des Systems der Öffentlichkeit unterbreitet und zur Suche nach Lücken und Problemen aufgefordert. Dabei fanden die Expert:innen verschiedene Probleme. Die Fachgruppe der Berner Fachhochschule (BFH) schreibt, dass das System «noch nicht den erforderlichen Reifegrad erreicht hat, den man in diesem Stadium des Prozesses erwarten würde». Ein vernichtendes Urteil.
Kaum ein anderes IT-Projekt muss höheren Standards genügen – hängt daran doch das Vertrauen in den demokratischen Abstimmungsprozess. Das finden auch die Expert:innen der BFH: «Angesichts der Wichtigkeit des Themas sind solche Probleme sowohl unnötig als auch inakzeptabel.» Andere Prüfberichte skizzieren verschiedene Angriffsmöglichkeiten auf das System. Diese betreffen nicht primär die befürchtete Manipulation von Stimmen, sondern die Zuverlässigkeit des Systems. Immerhin muss dieses – genau wie die Urne im Abstimmungslokal – während einer Abstimmung konstant verfügbar und darf nicht plötzlich unerreichbar sein.
Entsprechend spricht auch die Bundeskanzlei von «wesentlichen Entwicklungsschritten», die das System der Post noch überwinden müsse. Insbesondere beim Stimmgeheimnis bestünden immer noch Mängel. «Für die Sicherheit mitentscheidende Aspekte» seien zu wenig klar dokumentiert. Es bleibe offen, «wie das System in den entsprechenden Punkten funktionieren soll».
Nun muss die Post nachbessern, bevor das fertige System erneut überprüft werden wird. Geht es nach ihr, sollen bereits im kommenden Jahr die ersten Kantone E-Voting einsetzen können. Denn für die Post geht es mit dem Neustart des E-Votings um alles (siehe WOZ Nr. 25/2021 ). Doch der Zeitplan ist ambitiös. Gegenüber SRF nannte die Bundeskanzlei dieses Ziel «aus zeitlicher Sicht sportlich».