Im Affekt: Jga an der Bea
Paris hat den Eiffelturm, Rom hat den Dom und Bern hat – die Bea.
«Die Bea kehrt zurück mit unvergesslichen Momenten» liest man auf der Website dieser Ausstellung für Gewerbe, Landwirtschaft und Industrie. Wegen Corona konnte die Bea die letzten zwei Jahre nicht stattfinden. Umso grösser scheint nun allseits die Freude – gerade bei den Journalist:innen vor Ort, die sich mutig in die Massen stürzen. Ob es jemals zu früh sein könne für eine Bratwurst, fragt sich ein Reporter der Berner Tamedia-Zeitungen. Auf seinem Rechercherundgang auf dem Messegelände, das ihm «nach pandemiebedingter Zwangspause» noch gigantischer erscheint, als er es in Erinnerung hatte, begegnet er dann Alois Moser aus dem Emmental. Und dieser isst tatsächlich schon vor zehn Uhr morgens eine Bratwurst. Wahnsinn.
«Wahnsinn» – mit diesem Wort beginnt ein weiterer Text, der einen Tag davor in denselben Zeitungen erschienen ist. Und weiter: «Nachts an die Bea. Tausende von Menschen!» Dann folgt eine tatsächlich überraschende Story: Die Bea ist ein richtiger Hotspot für Junggesell:innenabschiede (Jga). Da ist zum Beispiel die Kaminfegerin aus Rüeggisberg, die ein Körbchen mit sich trägt («darin befinden sich Nippsachen, kunterbunte Jo-Jos, Pfeifchen und Sextoys»), Sonja aus Aarberg, Daniela Stucki aus Toffen oder Daniel Grossenbacher aus dem Berner Jura, der für seinen Jga eine braune Mönchskutte trägt und der laut Journalist eine «seltsame Spezies» ist. Warum? Er ist «ein Mann, der noch nie an der BEA war». Interessant ist übrigens auch, dass es bei den Ferkeln eine lange Warteschlange hat. Deswegen gibt die Zeitung gleich noch heisse Tipps: «Wer zu ihnen hineinwill, soll idealerweise ein Kind sein und über eine leere Agenda verfügen.»
Früher gab es in Bern einmal zwei Zeitungen: den «Bund» für die Städter:innen, die «Berner Zeitung» für die Landbevölkerung. Seit Tamedia die beiden Blätter zusammengelegt hat, liest man in beiden dasselbe. Und leider passiert im Berner Lokaljournalismus das Gleiche wie in der Schweizer Politik: Die Stadtbewohner:innen haben das Nachsehen.
Vielleicht stimmt es ja: Jede Stadt hat das Wahrzeichen, das sie verdient – und auch die Zeitung, die sie verdient.