Leser:innenbriefe

Nr. 18 –

Kuba ist nicht Putin

«Verquere Ansichten: Putin-Freunde am Ostermarsch», WOZ Nr. 17/2022

Ihr habt den seltsamen Auftritt der Schweizerischen Friedensbewegung (SFB) am diesjährigen Ostermarsch in Bern aufgegriffen. Allerdings ist euch dabei ein Fehler unterlaufen. Im Quote des Artikels steht: «Der ‹Friedensrat› gibt der Nato die alleinige Schuld an der russischen Aggression.» Das ist mitnichten die Haltung des Schweizerischen Friedensrats (SFR). Dieser ist nicht der Schweizer Zweig des «Weltfriedensrats», er ist älter. Wir wurden 1945 von jenen Organisationen gegründet, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg am Aufbau einer friedlichen Nachkriegsordnung beteiligen wollten. Der «Weltfriedensrat» wurde 1949 unter Federführung von Stalins Sowjetunion gegründet. Dabei war der Name «Friedensrat» für den Schweizer Ableger nicht mehr frei, und so wich er auf «Friedensbewegung» (SFB) aus, womit aber auch implizit ein Alleinvertretungsanspruch erhoben wurde.

Die SFB war von Anfang an nicht grundsätzlich gegen Atomwaffen, sondern unterschied zwischen den «guten» der Sowjetunion und den «bösen» der USA. Das ist auch heute noch so, obwohl die Ukraine 1994 ihre Atomwaffen Russland überlassen hat – und nun von Putin direkt bedroht wird. Die Vorstellungswelt der SFB ist von einer Konstante geprägt: Es gibt das «Friedenslager» mit der Sowjetunion – und nach ihrem Zusammenbruch mit der Russischen Föderation – an der Spitze, das bedingungslos zu unterstützen ist, was immer es auch tun mag – wie jetzt ein Nachbarland mit Krieg zu überfallen. Und es spielt auch keine Rolle, wie undemokratisch und repressiv es ist.

Ruedi Tobler, Präsident Schweizerischer Friedensrat

Ich glaube euch ja gerne, dass am Ostermarsch auch ein paar altlinke Russland-Nostalgiker:innen mit verqueren Ansichten zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine mitgelaufen sind. Aber auch ihr scheint mir etwas quer in der politischen Landschaft zu liegen, wenn ihr euren Leser:innen mit der Bebilderung des Artikels und der Untertitelung suggeriert, die Putin-Freunde hätten sich durch das Transparent mit dem Slogan «Wirtschaftskrieg gegen Cuba sofort stoppen» als Putin-Freunde geoutet und Kremlpropaganda verbreitet. Dass die USA seit rund sechzig Jahren die wirtschaftliche Entwicklung Kubas mit einer Blockade behindern, ist leider keine Kremlpropaganda. Der US-Imperialismus des 20. Jahrhunderts gegen die Völker des amerikanischen Kontinents kann und darf zwar in keiner Weise den russischen Imperialismus gegen den Selbstbestimmungsanspruch der Menschen in Osteuropa rechtfertigen; er darf aber auch nicht einfach vergessen werden. Und dass die Forderung nach Aufhebung der Kubablockade als Sympathiebekundung für Putin diffamiert wird, geht in einer linken Zeitung gar nicht. Also bitte in Zukunft etwas mehr Sorgfalt bei der Bildauswahl zu einem ansonsten gut recherchierten Artikel.

Jörg Ernst, Winterthur