#digi: Pegasus geht um

Nr. 33 –

Wollen Polizei und Geheimdienst jemanden überwachen, reicht es oft nicht mehr, bloss die Leitungen anzuzapfen – wie dies etwa bei der Kabelaufklärung passiert. Denn das Resultat ist verschlüsseltes Kauderwelsch. Mit Spionagetrojanern wie dem von der NSO Group entwickelten Pegasus hingegen lässt sich problemlos mitverfolgen, was auf einem gehackten Smartphone läuft.

Dumm nur, wenn Pegasus auf den Endgeräten von Mitarbeitenden der EU-Kommission landet; dann scheint es plötzlich nicht mehr okay zu sein, Menschen zu belauschen. Und dann muss der Hersteller direkt zur Anhörung ins EU-Parlament.

Dank des deutschen Onlineportals netzpolitik.org gibt es davon auch ein Wortprotokoll. Nebst einem Meer von Ausreden und PR-Sprech kamen bei der Anhörung auch einige brisante Details zum Ausmass der Verwendung von Pegasus zutage. So erklärte Chaim Gelfand, Chefjustiziar der NSO Group, dass die Firma Kunden in 45 Ländern habe – darunter in 14 EU-Mitgliedstaaten. Darüber hinaus würden «etwa 12 000 bis 13 000 Ziele» pro Jahr von Polizei und Geheimdiensten mit dem beliebten Staatstrojaner angegriffen.

Welche Länder von der NSO Group beliefert werden, wollte Gelfand nicht sagen: Darüber müssten die Staaten selbst Auskunft geben, was diese naturgemäss ungern tun. Bekannt ist, dass Menschen in Saudi-Arabien, Polen, Ungarn oder Spanien ins Visier geraten sind. Auch die Schweiz hat einen Staatstrojaner. Ob die Bundespolizei Fedpol zu den Kunden der NSO Group gehört, will sie allerdings nicht beantworten (siehe WOZ Nr. 6/2020 ).

Nach den Bekenntnissen versuchte Gelfand in der Anhörung vor dem EU-Parlament, moralisch die Oberhand zu gewinnen: Man prüfe alle Länder genau, arbeite nur mit legalen Mitteln und habe das Ziel, «Menschenleben zu schützen». Gemäss Recherchen des kanadischen Techlabors Citizen Lab wurden allerdings auch Menschen im nahen Umfeld des 2018 ermordeten saudischen Journalisten Jamal Khashoggi mit Pegasus überwacht. Weltweit hat sich der Trojaner offenbar auf Zehntausenden Geräten von Menschenrechtsaktivist:innen, Journalist:innen und Oppositionellen eingenistet. Inwiefern das dabei helfen soll, Menschenleben zu schützen, bleibt schleierhaft.