#digi: Pornos? Ausweis bitte!

Nr. 34 –

Geht es nach EVP-Nationalrat Nik Gugger, muss in der Schweiz bald einen Ausweis vorzeigen, wer im Internet Pornos anschauen will. Mit seiner Motion will er unter Sechzehnjährige «wirksam vor pornografischen Inhalten» schützen. Heute genügt im Normalfall ein Klick auf «Ich bin über 18», um Zugang zu einschlägigen Seiten zu erhalten. Stattdessen sollen Seiten, die Pornografie «ohne hinreichende technische Vorkehrungen zum Schutz von Personen unter 16 Jahren» anbieten, in Zukunft gesperrt werden. Mit anderen Worten: Entweder verlangen die Websites einen Ausweis, oder sie werden mit einer Netzsperre unzugänglich gemacht.

Im Mai wurde die Motion vom Nationalrat deutlich angenommen, nun spricht sich auch die zuständige Ständeratskommission dafür aus. Dabei erachtet sie die vorgeschlagene Netzsperre als «prüfenswert», wobei auch «andere technische Lösungen in Betracht gezogen werden sollen». Der Bundesrat sieht die Sache etwas anders. Netzsperren seien keine geeignete Massnahme für den Jugendschutz, da sie «leicht umgangen werden» könnten. Stattdessen solle die Medienkompetenz der Jugendlichen gestärkt werden.

Guggers Vorschlag hat gleich mehrere Haken. Eine wirksame Ausweispflicht läuft auf eine Videoidentifikation oder die Verwendung einer E-ID hinaus, denn die Alternativen schliessen unter Sechzehnjährige nicht aus. Das würde einen massiven Eingriff in die Privatsphäre und die Anhäufung sensibler Daten bedeuten. Zudem liesse sich eine Netzsperre mit einfachen Mitteln wie einem VPN (einem virtuellen privaten Netzwerk) umgehen. So ist fraglich, ob die Massnahme ihren Zweck wirklich erfüllen könnte oder ob es primär um sittliche Überwachung geht. Tatsächlich gesellt sich Guggers Motion zu einer Reihe politischer Vorstösse im Ausland, wo Jugendschutz mit digitaler Überwachung erkauft werden soll. Deutschland bestraft unkooperative Websites bereits mit einer Netzsperre, während in Grossbritannien mit dem heftig kritisierten «Online Safety»-Gesetz unter anderem die Ausweispflicht für Pornoseiten eingeführt werden soll. Statt der Zensur weiter den Teppich auszurollen, wäre es wichtiger, Aufklärung über Pornografie zu fördern und verbotene Inhalte konsequent zu löschen.