Im Affekt: Fragile Weiblichkeit

Nr. 36 –

Vorsicht, dünnes Eis hier. Aber vielleicht ist es allmählich an der Zeit, nicht mehr nur von fragiler Männlichkeit zu sprechen. Sondern auch von fragiler Weiblichkeit.

«Frausein ist kein Kostüm!», ruft etwa, frei nach J. K. Rowling, die deutsche Journalistin und Juristin Eva Engelken mit ihrem neuen Buch in die Runde. Dessen Titel ist zu bescheuert, um ihn hier zu zitieren, aber man ahnt schon, in welche Richtung sie damit zielt. Die hart erkämpften Rechte von «Frauen, Müttern und Mädchen» würden heute «auf perfideste Weise ausgehöhlt», so heisst es in der Ankündigung, und Engelken weiss auch, von wem: «von Männern, die sich herausnehmen wollen, eine Frau zu sein». Das klassische transfeindliche Phantasma also: Jetzt nehmen uns diese kostümierten Männer auch noch unser Frausein weg!

Aber auch die «NZZ am Sonntag» raunte, zwar schon etwas komplexer, aber wieder mit J. K. Rowling, von einem drohenden «Verschwinde­n de­r Frau». Anlass dazu war ein Treffen mit der Autorin Sara Rukaj, die in einem neuen Buch vor dem Queer­feminismus warnt, weil dieser letztlich auf eine Überwindung des Weiblichen abziele. Untertitel ihres Buchs: «Vom Verschwinden des feministischen Subjekts». Die Vorstellung von fluiden Geschlechtern stellte Rukaj dabei auf eine Stufe mit der Wahl des gerade passenden Nagellacks. Und Judith Butler musste, brutal verkürzt, wieder mal herhalten als, nun ja, Sündenbutc­h.

Irgendwie kurios: Gerade jetzt, da Frauen in der Schweiz gegen ein höheres Rentenalter kämpfen, kommt eine bürgerliche Zeitung auf die Idee, das Verschwinden von «Frau» als politischer Kategorie zu beklagen. Auffällig auch, dass es keine marginalisierten Frauen sind, die die weibliche Identität bedroht sehen, sondern zumeist erfolgreiche, diskursmächtige Frauen. Ach, das biologische Geschlecht: scheinbar so fundamental und unbestreitbar, aber doch so fragil, dass es verbissen gegen Queerfeminismus und Transaktivismus verteidigt werden muss? Bei Männern würde man sagen: typische Anzeichen von Statusangst.

Haben Sies gemerkt? Der Autor dieser Zeilen hat gerade seine Tage.