Diesseits von Gut und Böse: In guter Gesellschaft
Ereignisreiche Tage für Kanye West aka Ye: Der neuste wilde Ritt begann an der Pariser Fashion Week, an der der Rapper ein T-Shirt mit der Aufschrift «White Lives Matter» trug, ein rechtsextremer Slogan – benutzt unter anderem vom Ku-Klux-Klan –, der in Reaktion auf die «Black Lives Matter»-Proteste aufkam.
Prompt wurde West vom reaktionären Fernsehmoderator Tucker Carlson in dessen Sendung auf Fox eingeladen. Das Gespräch drehte sich vor allem darum, wie West von den Medien unterdrückt und mundtot gemacht werde. Viel Skurriles folgte, aber Sie sehen schon, was der Punkt ist: Ein reicher, einflussreicher Promi klagt zur Primetime im meistgeschauten Fernsehsender der USA, seine Stimme werde unterdrückt. Und bedient dazu das antisemitische Narrativ der Elite, die Medien, Kultur und Politik steuere – was Moderator Carlson gut in den Kram passt: Wie die «New York Times» im Frühjahr zählte, brauchte er den Begriff der «herrschenden Klasse» – wen einer wie Carlson damit meint, ist klar – in 1150 Sendungen 800 Mal. Er verbreitet ausserdem die in antisemitischen Kreisen beliebte Verschwörungstheorie des «Grossen Austauschs».
Auf Instagram postete West dann einen Chatverlauf mit dem Rapper Diddy, der das T-Shirt öffentlich kritisiert hatte – und schreibt dort, dieser sei von Jüd:innen angewiesen worden, ihn zu kritisieren. Instagram löschte den Beitrag und sperrte Wests Account, worauf dieser auf Twitter zurückgriff (Elon Musk gratulierte herzlich), wo er wiederum einen offen antisemitischen Hasstweet absetzte. Twitter hat ihn nun ebenfalls gesperrt.
Dass West eine bipolare Störung diagnostiziert worden ist, nahmen manche zum Anlass, sein Verhalten zu entschuldigen. Damit verharmlost man nicht nur seine Aussagen, sondern wird auch den Menschen mit dieser psychischen Erkrankung nicht gerecht. Bipolarität mag unterschiedlichste Auswirkungen haben – Rassismus und Judenhass sind keine davon.