Im Affekt: Viel Quatsch zur Sauce

Nr. 44 –

Er sei «einfach traurig», sagt Kunstmäzen Hasso Plattner, dass Klimaaktivist:innen einen seiner Monets im Potsdamer Barberini-Museum mit Kartoffelbrei beworfen haben. Damit gehört der Milliardär zu den stilleren Stimmen im schrillen Chor der Empörten. Denn wer meint, die Auftritte der Klimaaktivist:innen von Just Stop Oil (Tomatensuppe auf van Gogh) oder Letzte Generation (Kartoffel auf Monet) seien das Hinterletzte und zum Fremdschämen, kann beim Stöbern in deutschen Feuilletons erfahren, was wirklich Fremdscham verdient.

Im Berliner «Tagesspiegel» etwa wurde behauptet, Künstler und ihre Werke würden hier auf «massivste Weise entwürdigt»: «Die Angreifer verletzen einen schützenswerten Raum.» Dies, obwohl die betroffenen Künstler längst tot und die Gemälde – wie die meisten Kunstwerke dieser Preisklasse – gegen härteres Geschütz als Kartoffelstock hinter Glas geschützt sind. «Nicht nur die Würde des Menschen ist unantastbar, auch die eines Kunstwerks», doziert der angesehene Politologe Wolfgang Kraushaar im «Tagesspiegel» unbeirrt weiter. Auch in Sachen Pathos können die jungen Menschen von den älteren Männern und Frauen in den Qualitätsmedien noch dazulernen. In der «Zeit» bemühte Florian Illies («Generation Golf») Walter Benjamin, um die Kids und ihre Saucen runterzuputzen. Sogar der Vorwurf der «Barbarei» wurde manchenorts laut.

Ob die wackeren Feuilletonist:innen es unterdessen gemerkt haben? Indem sie sich derart in ihre pubertär anmutende Empörung über etwas Gemüsebrei hineinsteigern, liefern sie selber das beste Argument für die Aktionen der Klimajugend: Wie schlimm es doch ist, wenn etwas Schönes und Kostbares zerstört zu werden droht. Zum Beispiel die Welt. Dass es ohne bewohnbare Welt auch keine Monets und keinen «schützenswerten Raum» Museum mehr geben wird, sollte ja eigentlich klar sein. Dumm nur, dass sich die Empörung in den Medien schon jetzt kaum noch steigern lässt.

Das letzte Wort hat Aktivistin Luisa Neubauer: «Wenn nur halb so viele, die eine Meinung zum Klimaprotest haben, eine Haltung zur Klimakrise hätten, wären wir einen grossen Schritt weiter.»