Leser:innenbriefe

Nr. 50 –

Konjunktiv 2

«Erwachet: Aus dem Nachbarland 2», WOZ Nr. 47/22

Es heisst in der Kolumne: «Dass Soumahoro in der Regierung unter Giorgia Meloni und Matteo Salvini heftig drangsaliert werden würde, war leider zu erwarten.»

Aber dass die WOZ jetzt schon zum wiederholten Mal vom Sprachzerfall aus dem Nachbarland 1, Deutschland, drangsaliert würde, wäre eigentlich nicht zu erwarten ­gewesen.

Grammatik und Syntax werden dort als Drangsalierung erlebt und abgeschafft, aber sie sind entstanden, um die Sprache fähig zu machen, alles Lebendige auszudrücken. Und diese Sprache darf so wenig drangsaliert werden wie die Menschen, die Natur, das Klima. Ihre in vielen Jahren gewachsene Vielfalt muss erhalten bleiben.

Wer also nicht spürt, dass «würde» der Konjunktiv 2 von «werden» ist, bringt dieses wichtige Modalverb um seine Kraft und Würde, indem sier es einfach zu einer Art «Irrealispartikel» kastriert. Diese inzwischen sogar in den Tagesschauen gebrauchte Wendung löst in Sprachhirnen einen Blitz und in Sprachmägen eine Kolik aus.

Diese Drangsal kommt vermutlich daher, dass die deutsche Umgangssprache innert weniger Monate den Konjunktiv 1 ausgeschafft und restlos durch den Konjunktiv 2 ersetzt hat. Das entspricht genau der sich rasant verbreitenden Meinung, die Meinung anderer sei grundsätzlich irrealer Blödsinn und nur die eigene sei richtig und gültig: «Das muss man nicht nur sagen, sondern auch schreiben dürfen!»

Dass es auch anders geht, zeigt der «Spiegel». Er setzt konsequent den Konjunktiv 1 in der indirekten Rede und ist meines Wissens nur einmal auf dieses grässliche «werden würde» hereingefallen.

Ausserdem korrigiert er sogar das blödsinnige «Zurich Film Festival» zu «Zürich Filmfestival» und gibt damit auch seinem Nachbarland Schweiz ein klein wenig Würde zurück.

Und das würde ich auch von der WOZ erwarten.

Christian Sonderegger, Zürich

Wir Meteoriten

«Klimagipfel: Es geht um jedes Hundertstelgrad» und «Klimakonferenz COP27: Sind jetzt die Schwellenländer schuld?», beide WOZ Nr. 47/22

Vor langer Zeit veränderten Meteoriten, die auf der Erde aufschlugen, die Lebensbedingungen auf dem Planeten. Heute sind wir Menschen die Meteoriten. Ruinenbaumeister gestalten eine Welt der geplatzten Träume, mit Igeln als Kopfkissen.

Ein paar Erdumdrehungen genügen, um einen Planeten zu ruinieren. Vielleicht werden in ferner Zukunft Nachfahren uns mit denselben Augen betrachten wie wir heute die Neandertaler.

Richard Knecht, Glarus

Digitales braucht Energie

«Solaroffensive: ‹Das Problem wird an die NGOs ausgelagert›», WOZ Nr. 48/22

«Die Solarinitiative wird nicht ernsthaft mit Sparanstrengungen kombiniert», bedauert Jürg Rohrer im Interview. Tatsächlich ist auffällig, dass bei den verschiedenen Aufrufen zum Sparen etwa die Welt des Digitalen (ICT, Informations- und Kommunikationstechnologie) aussen vor bleibt, als ob hier keine Energie verbraucht würde! Dabei ist sie in der Schweiz der zweitgrösste Verbraucher von Energie!

Warum ist das kein Thema? Hat es damit zu tun, dass man alles, was digital ist, als «grün» oder «sauber» betrachtet? Einfach weil es bei der Anwendung nicht stinkt wie bei einem Verbrennungsmotor? Und dabei ausser Acht lässt, dass zum Beispiel Solarpanels und die Akkus nur mit seltenen Erden funktionieren und dass deren Schürfung und Verarbeitung alles andere als ökologisch ist? Die seltenen Erden gelten als «das Öl der digitalen Welt» und sind wie dieses endlich.

Das Bild von «sauberer Energie» entsteht, weil der Dreck verschoben wird in Gegenden, wo sich die Menschen nicht wehren können oder dürfen. Ein übliches Muster in der Wirtschaft! Neu ist hier nur, dass die Produkte als «grün» und «sauber» verkauft werden! Wenn es uns darum geht, unsere Erde «grüner» zu erhalten, hilft nur ein Weniger an Energie insgesamt, nicht nur des Erdölverbrauchs! Das ist kein Votum gegen die digitale Technologie, sondern ein Votum für ein demokratisches Abwägen, was wir denn wirklich brauchen.

Benno Gassmann, per E-Mail