Im Affekt: #HalloSRF, hier wichtiger Content!
Seht ihr noch Filme, oder ist alles nur noch Content? Es war wohl als Weckruf gedacht, als der deutsche Regisseur Dominik Graf an der Akademie der Künste in Berlin die grassierende Verpackungssprache in der Filmbranche geisselte. Im Kern erinnerte er an eine eigentlich elementare Einsicht: «Film ist nicht Inhalttransfer, sondern geformte Erzählung.» Heute jedoch würden Filme und Serien zusehends nur noch als vermarktbarer Content entworfen: Was nicht im Sinn des Verkäuflichen ist, wird geschlachtet, was nicht vorhersehbar ist, frühzeitig verhindert. Von dem, was vielleicht «Film» hätte werden können, bleibe dann nur ein «auf Publikumsbefragungen zugeschliffener Trend» übrig. Content eben, ein paar Titel mehr in der Kachelübersicht.
Es war eine treffsichere Tirade von einem, der nun weiss Gott nicht im Verdacht steht, ein versnobter Kulturpessimist zu sein. Ein paar Tage später konnte man dem von Graf beklagten Contentdenken quasi live bei der Arbeit im Leutschenbach zuschauen: Interview in der «NZZ am Sonntag» mit Bettina Alber und Baptiste Planche, beim Schweizer Fernsehen SRF für Serien und Fiktion zuständig. Da war dann von einem siebenköpfigen Sounding Board die Rede, das vor dem Entscheid für oder gegen eine Serie beigezogen wird: «Spezialistinnen und Spezialisten für Distribution und Publikums- und Marktforschung, auch für Marketing und junge Zielgruppen». Als Alber und Planche darlegen, wieso eine SRF-Serie wie «Emma lügt» nicht mit einer problematischen Aussage enden dürfe, hört man förmlich die Verzweiflung in der Reaktion der Journalist:innen: «Es ist Fiktion! Kunst! Da muss doch alles möglich sein. Oder nicht?» Fiktionschef Planche kurz darauf: «Wenn es sich innerhalb einer Erzählung ergibt, dass man etwas konsequent so erzählt, dass man an Grenzen geht, dann schauen wir uns das an. Aber im Zweifelsfall bin ich dafür, das nicht zu tun.»
Verzeihung, Herr Graf, könnten Sie bitte wiederholen? Ihr Weckruf war leider nicht laut genug eingestellt für die Schweiz.
Sitcom: Fragt die Zeitung, was das Internationale sei an «Neumatt».
Sagt die Frau von SRF: «Es ist die Art, komplex zu erzählen.»