Im Affekt: Ein bisschen stinken muss es

Nr. 17 –

Was erwarten die eigentlich vom Alpamare? Dabei ist der grösste Wasserpark der Schweiz doch völlig transparent: Er vermarktet sich nicht als Wellnessbad, sterile Hygienezone oder dergleichen. Nein, das Alpamare ist ein «Erlebnisbad»: Es bietet Action.

Und wie! Etwa die längste «reine Körperrutsche Europas», die «Jod-Sole-Therme», Zutritt nicht gestattet für Kinder unter sechzehn Jahren – der Alcopop unter den Schwimmbecken. Oder die Erlebnisgastronomie, wo sich Gäste ihr Fleisch selber braten dürfen und sich wohl schon Tausende Scheidungsväter nur in knackige Speedos gekleidet rund um den Grill mit Gleichgesinnten über den Gargrad ihrer Bratwürste unterhalten haben.

Und jetzt das: Das Alpamare steht unter Beschuss. Man könnte es fast eine Kampagne nennen, was «20 Minuten» hier abzieht. Schon vier Artikel hat das Gratisblatt dieses Jahr über den Zustand des Wasserparks veröffentlicht. Den Anfang machte die Titelstory «Ekelalarm im Alpamare»: Sogenannte «News-Scouts», also irgendwelche «20 Minuten»-Leser:innen, hatten sich bei der Redaktion über mangelnde Sauberkeit und Rost im Bad beklagt. Diese griff die Geschichte auf, legte sogar nach, zitierte «Experten», die knackige Sätze von sich gaben: «Hier besteht Handlungsbedarf.» Ein Nachzug fantasierte auf Grundlage der Aussage eines ehemaligen Mitarbeiters gar den baldigen Verkauf des Alpamares herbei. Letzte Woche nun setzte «20 Minuten» zum Todesstoss an und titelte Unaussprechliches: Ein Besucher habe in das «Wellenbad gesch*****».

Ja, es ist wahr: Das Alpamare hat schon bessere Zeiten gesehen, und man sieht ihm das an. In der Fachsprache heisst das: Patina. Das Bad stammt aus den siebziger Jahren: einer Zeit, als Spass und Wellness immer zugänglicher wurden und die Zukunft noch Hoffnung bot. Dass das Bad seither Patina angesetzt hat, ist kein Problem, sondern ein entscheidender Teil des Erlebnisses: als Kaleidoskop der gescheiterten Träume einer unbeschwerten Spassgesellschaft.

Im Übrigen gilt: Wenn ein potenzieller «News-Scout» ins Wellenbad scheisst, trägt zuerst einmal dieser die Verantwortung – und nicht das Alpamare.