Im Affekt: Religiöser Mief vom Pornopolizisten

Nr. 18 –

«Das ist widerlich und grausam und macht die Seele kaputt.» Der Gangstertyp mit Dreitagebart, grimmigem Gesicht und surreal tiefer Stimme spricht zwar von illegaler Pornografie, aber der moralische Zeigefinger ragt so hoch hinauf, dass doch alles irgendwie gemeint ist. Das dreiminütige animierte Video ist keine christliche Propaganda, verantwortlich dafür sind die Schweizerische Kriminalprävention, also eine staatliche Fachstelle, und die Waadtländer Polizei. Es soll unter Sechzehnjährige davon abhalten, Pornos zu schauen. Und es ist eine absolute Katastrophe.

Was bei Jugendlichen neben Moralisieren auch schlecht funktioniert: Drohen. «Hey du, ich beobachte dich. Und ich weiss, was du gestern getan hast. Du hast einen Porno geschaut», sagt der böse Bulle im Video und kündigt sogleich an, was mit denjenigen geschieht, die sich nicht an die Regeln halten: «Die Polizei kommt in deine Schule, deine Klasse, an deinen Tisch und nimmt dich erst mal mit.»

Im Drohgeschrei geht unter, dass im Video durchaus wichtige Informationen enthalten wären: Wenn unter Sechzehnjährige Pornos etwa über einen Messenger an Gleichaltrige verschicken oder Sexting betreiben, also Nacktbilder von sich teilen, machen sie sich strafbar. Vor allem aber kein Wort über das, worum es bei Pornos wirklich geht: dass Pornos erregend und darum interessant sind; dass in Pornos Fantasien und nicht reale Begegnungen dargestellt werden; dass diese Darstellungen von patriarchalen Mustern geprägt und oft von Männern für Männer produziert werden; dass Pornos nicht an sich verwerflich sind.

Am Schluss zieht der Mann die Maske runter und gibt sich als sorgende Mutter zu erkennen. Das ist natürlich clever: eine Finte, um den religiös anmutenden moralischen Mief zu verschleiern, der hier verbreitet wird.

Lustiges Detail: Zur Netiquette, die die Schweizerische Kriminalprävention auf Twitter festgehalten hat, zählt sie: keine Tweets mit Drohungen.