Im Affekt: Stararchitekten ohne Einfluss

Die Welt zeigt sich von ihrer hässlichen Seite, reden wir doch über Schönheit. So oder ähnlich werden sie bei der «NZZ am Sonntag» gedacht haben. Und schickten ihren Feuilletonchef nach Basel zu Jacques Herzog und Pierre de Meuron. Die Architekten, über die es heisst, sie bauten «ein schönes Gebäude nach dem andern», liefern zuverlässig Kalendersprüche wie «Um Schönheit muss man ringen» und «Architektur ist immer mehr als ein Gebäude». Der Feuilletonchef stellt Fragen aus dem Schwarzbuch des Journalismus: «Wann wussten Sie, dass Sie ein guter Architekt sind?»
Während man sich noch wundert, wie unkritisch und unterwürfig man fragen kann, steigt eine Erinnerung auf. War da nicht was? Doch, da war etwas. Und zwar ein fensterloser Raum mit einer Fläche von knapp vier Quadratmetern, eingeklemmt zwischen Waschküche und Küche. Vor etwas mehr als einem Jahr hatte eine Architektin diese mit «Maid Room» angeschriebenen Zellen entdeckt – auf online verfügbaren Bauplänen für ein Haus mit Luxuswohnungen in Beirut. Sie veröffentlichte den Fund auf der Plattform, die damals noch Twitter hiess, und nannte auch die verantwortlichen Architekten: Herzog und de Meuron.
Als die «Basler Zeitung» darauf mit kritischen Fragen beim Architekturbüro anklopfte, bot Jacques Herzog ein «Hintergrundgespräch» an – aber nur mit dem Chefredaktor. Erst nachdem dieser interveniert hatte, schickte die Presseabteilung ein paar dürre Antworten. Ja, man habe diese fensterlosen Schlafräume für Bedienstete gezeichnet – weil die Bauherrschaft es so gewollt habe: «Der Einfluss des Architekten sollte nicht überschätzt werden.» Ein Netzwerk, das die Interessen von Hausangestellten vertritt, kam zum Schluss, Herzog und de Meuron profitierten mit ihrer Arbeit direkt von der modernen Sklaverei im Libanon.
Wie sagte Jacques Herzog nochmals im Interview? «Ein guter Architekt macht das Leben für die Menschen besser.» Die Anschlussfrage wäre aus der Perspektive des «Maid Room» einfach zu finden gewesen.
Erhellend dagegen die Antwort auf die Frage, warum es «so viel architektonische Hässlichkeit» gebe: «Weil die meisten Bauten einem speditiven Profitdenken gehorchen müssen.»
Kommentare
Kommentar von Fliegendruck
So., 19.11.2023 - 14:00
nun auch die LMD von diesem Monat ausgelesen und freue mich, wie Paris noch vor hundert Jahren den Concierges anderes Recht einräumte, als dem Rest der Werktätigen.
In "Die Concierges von Paris" von Timothée de Rauglaudre wird mir gezeigt, auch heute lebt dies Personal auf 28/3, also auf 7,5 m2, ganz nahe der Arbeit (diese Dienstwohnung ist Lohnbestandteil, vielleicht gar ein Grund, dass auch heutzutags diese Angestellten noch immer als Bedienstete eingestuft werden).
Weshalb denn bis nach Dubai schweifen...?