Leser:innenbriefe

Nr. 49 –

Kollaboration

«Krieg gegen die Ukraine: Der Tod kam bei der Trauerfeier», WOZ Nr. 48/23

Nach dem genannten Artikel machen ukrainische Behörden zwei Bewohner eines Dorfes im Oblast Charkiw mitverantwortlich für einen russischen Raketenangriff, der am 5. Oktober 59 Zivilist:innen im selben Dorf getötet hatte. Die zwei Menschen sollen die Koordinaten an die Angreifer weitergegeben haben. Die WOZ beschreibt die angeblichen Mitmörder als Kollaborateure, und der Bericht schliesst mit der beunruhigenden Bemerkung, «wie gross die Anzahl von Fällen der Kollaboration überall im Land ist».

Man hofft, dass nicht alle der Kollaboration Beschuldigten in der Nachkriegszeit nach der gleichen Moralskala wie die Mitmassenmörder bewertet werden. Diesbezüglich zitierte die WOZ in Nr. 12/18 vor dem Grossangriff Russlands 2021 den ukrainischen Schriftsteller Serhij Zhadan: «Wenn du im Separatistengebiet lebst, wirst du gleich als Kollaborateur abgestempelt.» Einen angeblichen Kollaborateur müsse man nicht mögen, aber «man sollte zumindest versuchen, ihn zu verstehen». Wann wird Kollaboration zu einem unverständlichen Verbrechen?

Jeff Kochan, Tägerwilen

Unökologische Zurich

«Versicherung und Klima: Die Heuchler vom Zürichsee», WOZ Nr. 48/23

Die Zurich-Versicherung gibt sich nachhaltig und grün und investiert nach wie vor in die fossile Energieindustrie, wie der Redaktor dokumentiert. Auch im baulichen Sektor zeichnet sich diese Versicherung nicht durch einen grünen Daumen aus: 1968 zeichnete ich im Architekturbüro Werner Stücheli Pläne für das Bürohaus der damaligen Rückversicherung am Mythenquai, das inzwischen abgebrochen wurde. Beim Bau dieses Bürogebäudes war damals nur das Beste gut genug. Die Fassade wurde mit dem teuren, aber unverwüstlichen Castione-Marmor verkleidet. Waren die vielen Millionen, die damals in das quasi «vergoldete» Gebäude investiert wurden, schon amortisiert, als es abgebrochen wurde? Wie stand es mit dem «Return on Investment», dem ROI, auf den uns unbedarfte Bauleute die Ökonomen immer hinwiesen?

Irgendwelche ökologische Bedenken scheinen die Manager der Zurich-Versicherung nicht zu haben, sonst hätten sie nicht einmal davon geträumt, ein völlig intaktes Haus, gebaut 1969, schon wieder abzubrechen. Trotzdem postuliert die Versicherung: «Nachhaltigkeit, durch das Gleichgewicht der ökonomischen, gesellschaftlichen und der Umweltentwicklung».

Heinrich Frei, Zürich

Romantisches Geschwafel

«Gletschervorfelder: Kann das weg?», WOZ Nr. 42/23

Ich finde solche Artikel sehr realitätsfremd. In den nächsten Jahren möchten wir endlich unsere AKWs abschalten, wir möchten Öl- und Gasheizungen durch Wärmepumpen ersetzen, und bei den Autos möchten wir von Verbrennungs- auf Elektromotoren umsteigen. Und gleichzeitig werden in unserem Land noch mehr Leute leben. Wir werden also massiv mehr Strom brauchen, allen Sparmassnahmen zum Trotz. Wenn wir thermisch produzierten Strom importieren, dann können wir genauso gut weiterhin mit Öl heizen und mit Benzin/Diesel Auto fahren. Wenn wir den Strom aber selber produzieren wollen, dann bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als Solarstromanlagen zu bauen (auf den Dächern und in den Bergen) und unsere Pumpspeicherwerke auszubauen. Alles andere ist romantisches Geschwafel.

Silvan Kronig, per E-Mail