Im Affekt: Männer und ihre Monster

Ein Zürcher Multiplexkino vor ein paar Tagen, «Godzilla Minus One» steht auf dem Programm, eine Handvoll Malteser-Schokokugeln kostet knapp acht Franken, und der kleine Saal ist praktisch exklusiv in Männerhand. Im Vorprogramm läuft dann noch zielgruppengerecht der Trailer zu einem Film namens «Godzilla vs. Kong». Kurzum: Schlimmstes ist hier zu erwarten.
Aber gemach! «Godzilla Minus One» ist die jüngste Interpretation des japanischen Monstermythos um ein Seeungeheuer, das aus den Fluten steigt, um Tokio zu demolieren. Der Film von Takashi Yamazaki ist weltweit ein Erfolg und hat gute Kritiken erhalten; es handelt sich wieder einmal um eine japanische Produktion, nachdem Hollywood den Stoff mehrfach zu Blockbustern verarbeitet hat.
Bei «Godzilla Minus One» aber gehts back to the roots. Die Geschichte spielt in Japan kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, der Protagonist heisst Koichi und ist ein Kamikazepilot, der sich vor dem Einsatz gedrückt hat und nun im zertrümmerten Tokio erfährt, dass seine Eltern die US-Bombardements nicht überlebt haben. Als die Nachbarin den Heimkehrer erblickt, kondoliert sie nicht etwa, sondern überkübelt den jungen Mann mit Verachtung wegen seiner Feigheit vor dem Feind. Glücklicherweise taucht nun aber besagtes Seeungetüm auf, aufgestachelt von Kernwaffentests der USA im Pazifik – so hat Koichi die Chance, sich doch noch fürs Vaterland zu opfern.
Das mag zunächst nach einem Plot für Leute klingen, die Wehrmachtsdevotionalien sammeln, zumal Japan hier primär als Kriegsopfer gezeichnet wird (wer hat noch mal mit dem Morden angefangen?). Doch dann nimmt die Story eine Wendung: Nicht Militär oder Regierung sind es nämlich, die die Riesenechse schliesslich niederringen, sondern einfache Bürger:innen, die füreinander einstehen. Und den Heldentod muss dafür niemand sterben. Wer mag in Zeiten toxischer Gurus aus dem Internet da noch mäkeln, wenn Männer ausnahmsweise an einer solchen Absage an den Todeskult Freude haben?
Noch immer sehenswert: der Anti-Samurai-Film «Harakiri» (1962), eine düstere Abrechnung mit hohlem Kriegerethos.