Comedy: Geschrumpfte Schafe

Dem Gejohle nach zu urteilen, leiden alle, die an diesem Abend darauf warten, dass Dominic Deville einer grossen Holzkiste auf der Bühne entsteigt, an Entzugserscheinungen. «OFF!» steht auf der Kiste, denn vor einem knappen Jahr drückte das Fernsehen SRF bei der Late-Night-Show «Deville» den Off-Schalter.
Jetzt ist er wieder da, und was einem in den sieben Jahren vor der Glotze leicht entgehen konnte, zeigt sich auf der Bühne: Dominic Deville agiert als Gesamtkunstwerk. An der Show hat zwar ein ganzes Team mitgearbeitet, doch sie funktioniert nur, weil der Mann eine ungeheure Präsenz ausstrahlt. Als leidenschaftliche Rampensau schafft er es von Anfang an, allen im Saal das Gefühl zu geben, dass er sich genauso auf den gemeinsamen schrägen Abend freut wie sie.
Die Show ist bis in die kleinste alberne Pointe hinein inszeniert, und doch wirkt alles, als sei es improvisiert und ihm gerade erst eingefallen. Den Abend begleiten diverse Running Gags; so tauchen, weil der Klimawandel – erwiesenermassen – Schafe schrumpfen lässt, immer wieder winzige Schafe auf. Die Zuschauer:innen folgen Deville bis in politisch inkorrekteste Gefühlszustände, die er bricht, sobald sie sichs darin bequem gemacht haben. Bis zur Pause gibts ein Feuerwerk liebevoller Boshaftigkeiten gegen SRF und Devilles Nachfolge im Sonntagabendprogramm. Wer nie SRF schaut, verpasst wohl sämtliche Pointen, wie die Frau, die in der Pause fragt: «Wer ist Mona Vetsch?»
Deville beherrscht das autofiktionale Erzählen, seine familiären Anekdoten flirren zwischen Wahn und Wirklichkeit, dabei seziert er die Deutschschweizer Seele samt Tessiner Zweithäuschen. Und wenn er die Zuschauer:innen am Ende dazu bringt, gemeinsam einen Sirenenchor anzustimmen, weiss man: Diesem Kindergärtner hätte man jederzeit seinen Nachwuchs anvertraut. Doch all das wäre nichts, würde nicht auch im grössten Blödsinn deutlich, dass Dominic Deville ein politisch denkender Mensch ist. Also: Ein Hoch auf den Meister des politischen Flachwitzes!