Im Affekt: Sich schön eins reingelen
Das Jahr begann mit schlechten Nachrichten: Anfang Januar vermeldete die «NZZ am Sonntag», dass Alkohol noch viel ungesünder sei als angenommen. Auch die Weltgesundheitsorganisation habe ihre Konsumempfehlung für die beliebte Substanz revidiert, nämlich auf die leicht zu memorierende Menge von null Komma null.
Das las sich besorgniserregend, zumal die Zeitung noch einen Experten zitierte: «Wer einen gesunden Lebensstil pflegt, kein Übergewicht und keine Vorerkrankungen hat, kann schon ab und zu halbwegs gefahrlos ein Glas trinken.» Man möchte nicht wissen, wie der Mann klingt, wenn er Alarm schlagen will.
Zum Glück sind da aber noch die Overperformer:innen aus den Universitäten. So verkündete die ETH Zürich die Entwicklung eines «Protein-Gels», das «Alkohol im Magen-Darm-Trakt abbaut, ohne dem Körper dabei zu schaden». Konkret heisst das, dass bald – ein Produktpatent wurde bereits angemeldet – ein Mittel erhältlich ist, das verhindert, dass sich beim Konsum von Wein, Bier und Co. eine berauschende Wirkung samt etwaiger Vergiftung einstellt. Heureka!
Aus den Fünfzigern ist eine Anekdote über eine Delegation aus der Bundesrepublik überliefert, die zu schwierigen Gesprächen in Moskau weilte. Weil man befürchtete, Mitarbeiter könnten infolge der vielen im Protokoll stehenden Trinkgelegenheiten unangenehm auffallen, wies der deutsche Kanzler Konrad Adenauer seine Landsleute an, vorab ordentlich Olivenöl zu kippen: ein Hausmittel, um die Aufnahme von Alkohol ins Blut zu reduzieren. Am Ende reisten die Deutschen mit den erhofften Zugeständnissen ab.
In ähnlichen Fällen wird man künftig das neue Gel kaufen können, was den künftigen Hersteller sicher freuen wird. Bleibt die Frage: Wenn sich dieses laut Mitteilung an Leute richten soll, die «ihren Körper nicht belasten wollen und nicht an der Wirkung des Alkohols interessiert sind» – wäre es dann nicht einfacher, nichts zu trinken?
Frei nach der Losung einiger trinkfreudiger Rheinländer gilt trotzdem: Kein Anti-Alkohol-Gel ist auch keine Lösung.