Leser:innenbriefe

Acker umgraben
«Diesseits von Gut und Böse: Elektronischer Dukatenesel», WOZ Nr. 14/24
Die Kolumne zu Kryptowährungen widmet sich einer Thematik, die leider seit mehreren Jahren fernab unseres täglichen Lebens vonstattengeht. Was da auf einer beschränkten Zeilenzahl alles festgehalten und auch mit Fakten belegt wird, verdient grossen Respekt.
Es darf und kann nicht sein, dass wir Normalbürger:innen uns quasi für jede verbrauchte Kilowattstunde rechtfertigen müssen, während diametral dazu Energie und damit auch elektrischer Strom in einem solchen Ausmass für solch fragwürdige Hobbys wie das «Schürfen» verbraten werden.
Was ist zu tun? Die Bürger:innen aufrütteln, aufzeigen, wenn nötig auch mit den Fingern, wie da verantwortungslos jährlich die Strommenge von zwei AKWs für solche idiotischen «Spiele» draufgeht. Politiker:innen in die Pflicht nehmen – aufzeigen – anzeigen. Die Zeiten, in denen es noch politischen Anstand gab, sind vorbei. Dies ist nur ein Acker, den es umzugraben gilt. Es erwarten uns noch viele solche Äcker. Die WOZ kann dabei ein guter journalistischer Begleiter und Ratgeber sein.
Kurt Koch, per E-Mail
Ja zum Stromgesetz!
Das Stromgesetz steht von zwei Seiten unter Druck: Die Landschaftsästheten stören sich daran, dass in der Schweiz Windturbinen gebaut werden dürfen. Sie interessiert nur das Landschaftsbild, obschon die Klimaerhitzung dafür sorgt, dass nichts in den Landschaften so bleiben wird, wie es bisher war.
Und natürlich die alte Atomlobby. Exponenten aus der SVP und den Verhindererclub «Freie Landschaft Schweiz» stört es, dass billige Solarstromanlagen die AKWs verdrängen werden. Es wird für die AKW-Betreiber schwierig, teuren Atomstrom zu verkaufen, wenn Solarstrom und Windenergie zu viel tieferen Preisen ins Netz fliessen.
Das Stromgesetz beendet endlich die zehnjährige Blockade der erneuerbaren Energien. Der Solarstromanteil – heute 6 Terawattstunden (zehn Prozent) – soll bis 2050 zusammen mit Biomassekraftwerken und Windenergie auf 45 (fünfzig Prozent) ansteigen.
Schweizer Solardächer könnten eigentlich für sich allein den Landesverbrauch decken. Aber es genügt eben nicht, «theoretisch» von Februar bis November genug Strom zu haben. Für die Versorgungssicherheit braucht es auch einige alpine PV-Anlagen, etwas Windenergie (mit viel Strom im Winterhalbjahr) und vor allem: mehr Speicher. Dazu dient nicht nur der Ausbau von sechzehn Wasserkraftwerken, sondern auch Batterien, Wärmespeicher und Biomethan aus Wasserstoff. Speicher werden von doppelten Netzgebühren befreit (endlich!). Vorgesehen ist zudem eine Vielzahl «lokaler Energiegemeinschaften», die mit dezentraler Eigenproduktion und dezentralen Speichern die Netze entlasten und die Versorgungssicherheit erhöhen.
Der Durchmarsch der Fotovoltaik ist bereits in vollem Gang. Jede Woche gehen in der Schweiz über tausend neue Anlagen ans Netz. Produktionsseitig wird so jährlich «ein halbes AKW Mühleberg» ersetzt. Dazu kommen neue Energiesparprogramme der Netzbetreiber. Mit besseren Motoren und Heizungen liesse sich fast die Hälfte des heutigen Endverbrauchs einsparen.
Das Gesetz überzeugt. Die Belastung der Landschaft hält sich in Grenzen. Auch WWF und Pro Natura sagen Ja. Und laut Bundesrat Albert Rösti sollen alle Gemeinden selber entscheiden, ob sie einen Windpark wollen oder nicht. Die demokratischen Rechte bleiben intakt. Mit dem neuen Gesetz werden die alten Atomkraftwerke bis 2035 überflüssig. Man kann sie abschalten, und dann verschwindet – endlich! – das Grossrisiko eines folgenschweren Atomunfalls, von den radioaktiven Abfällen ganz zu schweigen. Aber die Fotovoltaik wird langfristig auch kleine Wasserkraftwerke verdrängen. Sie sind schlicht zu teuer und weisen ein schlechtes Sommer/Winter-Profil auf. Neue Solardächer ermöglichen die Einhaltung der Restwasserbestimmungen und mehr Renaturierungen, also eine Entlastung der Landschaft und bessere Lebensräume für Fische und Krebse. Das ist gut so. Darum ein kräftiges Ja zum Stromgesetz.
Ruedi Rechsteiner, Altnationalrat SP, Basel
Massnahmenkritik von links
«Coronavorstösse: Auf Sparflamme», WOZ Nr. 18/24
Tatsächlich ist – wie im Artikel beschrieben – die massnahmenkritische Bewegung immer offenkundiger von Rechten vereinnahmt worden. Es gibt aber auch eine Massnahmenkritik von links. Der Verein Linksbündig hat von Januar bis April 2024 im Volkshaus Zürich eine Debattenreihe zur Aufarbeitung der Coronakrise durchgeführt.
Die Kritik an den Massnahmen und eine Aufarbeitung weiterhin den Rechten zu überlassen, hält Linksbündig für einen Fehler. Die von linker Seite während der Coronakrise betriebene Spaltung gehört jedenfalls aufgearbeitet. Denn es gibt weiterhin auch im linken Spektrum Kritiker:innen, die während der Pandemie in die rechte Ecke gestellt worden sind, obwohl sie nicht dorthin gehören. Ihnen eine Stimme zu geben, wäre wichtig.
Möchte die WOZ nicht einmal einen Artikel zur linken Massnahmenkritik veröffentlichen, statt das Terrain weiterhin mit Maurer und Massvoll zu beackern? In diesem Sinne müsste der erwähnte Artikel statt mit «Die Pandemie ist vorbei. Die Fake-News sind es nicht» eher enden mit «Die Pandemie ist vorbei. Das Beschweigen von dissidenten linken Positionen zur Coronakrise nicht».
Lydia Elmer, Linksbuendig.ch, per E-Mail