Im Affekt: Jeder Sportjourni ein Lehrer
Eine glatte 5. Das gab es für Granit Xhaka von den «Tamedia»-Zeitungen für sein Spiel am letzten Samstag gegen Österreich. Die Begründung: «Keiner hat die Präsenz, wie sie sein Spiel auszeichnet.» Xhaka ist damit zum Klassenbesten gekürt worden – eine halbe Note vor Silvan Widmer. Der bekam eine 4,5, immerhin, schliesslich war er da, «um die einzige nennenswerte Chance des Abends zu verwerten». Xherdan Shaqiri hingegen sieht mit einer 3 eher alt aus. «Seine körperliche Verfassung entspricht nicht den Anforderungen, die ein Spieler erfüllen muss, wenn er an einer Endrunde glänzen will», so die Medien(dis)qualifizierung. Nicht benotet wurden Cédric Zesiger, Vincent Sierro und Leonidas Stergiou – «zu kurz im Einsatz, um benotet zu werden». Fair enough.
Seit Jahren wird an Schulen über den Einsatz von Noten und deren mögliche Abschaffung diskutiert. Die Stadt Luzern verzichtet ab 2026 auf die Vergabe von Prüfungsnoten in der Primarschule, ab 2027 werden sie in der Oberstufe abgeschafft. Doch während Noten langsam aus den Schulen verschwinden oder an Bedeutung verlieren, will sie der Sportjournalismus nicht missen.
Da werfen die Journalisten mit Noten um sich, dass man sich verwundert die Augen reibt und fragt: Werden hier Kindheitstraumata aufgearbeitet? Oder ist jeder Fussballreporter im Herzen eigentlich ein Lehrer? Überhaupt, erwachsene Männer mit Schulnoten zu bewerten, mutet irgendwie infantil an. Und so den Kampfgeist schüren, um nachher mangelnden Teamgeist zu monieren, geht ja wohl gar nicht.
Kritisiert wird an den Schulnoten übrigens, dass sie nicht den individuellen Lernfortschritt abbilden, und vor allem, dass die Schüler:innen mit Blick auf die Noten die eigentlichen Lernziele aus den Augen verlieren. Da bleibt nur zu hoffen, dass die Spieler während des Turniers auf den Ball statt die Berichterstattung fokussieren – sonst wird das nichts mit dem Weiterkommen.
Wie die NZZ weiss: «Unter einer Dreieinhalb ist Hopfen und Malz verloren.»