Im Affekt: Gute Reiche, schlechte Reiche

Nr. 27 –

Sie hat es also getan: Marlene Engelhorn, BASF-Millionenerbin, Wienerin, Medienphänomen, hat ihr Erbe verschenkt. Ein Bürgerrat hat über 25 Millionen Euro entschieden und das Geld 77 Organisationen und Projekten zugesprochen, die irgendwas Sinnvolles tun. Und Engelhorn, 32 Jahre alt, nach eigenen Angaben Aktivistin, wurde wahlweise als radikale Umverteilerin oder inkonsequente Immer-noch-Reiche durch die Medien getragen.

Und nun? Engelhorn ist in erster Linie Mäzenin und geschickte Campaignerin für ihre Initiative «Taxmenow», die sich für Steuergerechtigkeit einsetzt. Vielleicht ist sie auch die reflektierteste Erbin, seit es Geld gibt. Sie weiss, dass ein System, das Erb:innen wie sie überhaupt hervorbringt, ein Problem ist, und streicht das gern hervor: Es gehe nicht um sie, sondern um die Sache, und die sei strukturell bedingt. Doch geht sich das aus? Natürlich nicht. Sie hat aus Identität und individueller Erfahrung ein politisches Anliegen gezimmert und versucht nun halbherzig, dieses zu betonen – ein hoffnungsloses Unterfangen. 25 Millionen für einen persönlichen Klassenwechsel nach unten: Das ist die Geschichte, die sie erzählt, und die ist catchy, aber leer. Sie weist nicht über Engelhorn hinaus, da kann sie die Systemfrage rauf- und runterbeten, wie sie will.

Vor allem aber geht es ihr nicht um Geld, sondern um Stil und Moral. Der Bürgerrat hiess «Guter Rat»; Engelhorn betont dauernd ihre Privilegien, spricht von Scham. Doch Reiche, die sich schämen, sind immer noch reich, Privilegierte, die sich reflektieren, sind immer noch privilegiert, und Gute, die Geld verteilen, sind, nun ja, was eigentlich – ein Machtinstrument mit Gewissen? Viel eher als ein Bewusstsein für Strukturelles verrät das alles ein Klassen- und Selbstverständnis, in dem das Handeln der eigenen eben doch relevanter ist als jenes unterer Klassen.

Sie sei kein Robin Hood, da sie niemandem etwas wegnehme, sagte Engelhorn mal. Wenn das als radikal gilt – wo kommen wir denn da hin?