Im Affekt: Und wer putzt mein Klo?
Pünktlich zum Schulstart lanciert der «Tages-Anzeiger» online den passenden Klicktriggertitel: «Die Schule diskriminiert Kinder aus bildungsfernen Haushalten». Dahinter verbergen sich Daten aus der Berner Langzeitstudie Tree, die Kinder von der Schule bis ins etablierte Berufsleben begleitet. Und eigentlich illustrieren sie nur, was hierzulande geradezu in Stein gemeisselt scheint: die Chancenungleichheit in der Gesellschaft, die das Schweizer Bildungssystem zuverlässig reproduziert und aufrechterhält. Zwei von fünf Akademiker:innenkindern haben einen Hochschulabschluss, während acht von zehn Kindern, deren Eltern nie eine Uni von innen gesehen haben, die hehren Hallen der Bildung ebenso wenig betreten.
Und doch tobt in den Kommentarspalten nur Stunden später die Empörung – wahlweise antiakademisch (die meinen wohl, die seien was Besseres!), antimigrantisch (die wollen sich halt nicht integrieren; kein Wunder, wenn die Aspiration beim Mercedes-AMG endet) oder auch nur egoistisch (wer repariert mir zu Hause den verstopften Abfluss, wenn auch noch die Kinder von Nichtakademiker:innen an die Uni gehen?). Dabei ist die Diskriminierung systembedingt, natürlich ist sie das, solange vorausgesetzt wird, dass Eltern ihre Kinder zu Hause schulisch unterstützen und viele Berufe immer stärker akademisiert werden, wie etwa in der Pflege.
Schuld sind aber auch die Eltern – vorab jene Überbeflissenen, die täglich mit über den Hausaufgaben brüten, Nachhilfe bezahlen, später Gymivorbereitungskurse oder gleich die Privatschule. Progressive Eltern – Linke explizit nicht ausgenommen –, die sich verbal so lange für ihr urbanes, sozial durchmischtes Quartier starkmachen, bis der Nachwuchs in die Primarschule kommt. Dann wird schleunigst umgezogen. Und in den Kommentarspalten von jenen in «geringer bezahlten Jobs» geschwärmt, «die unser Leben erst lebenswert machen», wie «die Servicefachkraft, die uns den Kaffee mit einem Lächeln serviert», oder «die Reinigungsfachkraft, die unsere Wohnung sauber macht».
Liebe Eltern, merket wohl: Wer wirklich links ist, wischt auch seine Scheisse selber weg.