Im Affekt: Hafermilch macht blöd
Nein, an diesem Sonntag hatte die Philosophie am Schweizer Fernsehhimmel keine Sternstunde. Im Studio sitzt zum Thema «Bleibt frei und konservativ!» der Vorzeigereaktionär Alexander Grau, der regelmässig für die «Weltwoche» schreibt und in der NZZ bemängelt, man spreche zu wenig empathisch mit der AfD – und der Moderator biegt schon bei der Einstiegsfrage falsch ab: «Was haben Sie eigentlich gegen Hafermilch?»
Die weissliche Flüssigkeit steht so unheilvoll zwischen den beiden wie einst jenes mit Arsen vergiftete Glas Milch, das Cary Grant Joan Fontaine in Hitchcocks «Suspicion» ans Bett trug. Letztere leuchtete wenigstens, Glühlämpchen im Glas sei Dank. Wobei sich auch der Moderator nach Kräften müht, die Hafermilch geradezu beschwört, in ihr nach tieferen Botschaften sucht – «Rettung der Welt! Seelenheil! Da drin steckt eine Ersatzreligion!» Für alles muss sie als Vergleich herhalten, egal ob es ums Klima, Manager in Turnschuhen oder Feminismus geht. Alles Ideologie übrigens, moralisch aufgeladen, aber weit kommt Grau nie mit seinen Gedanken, der Moderator schwenkt mit einem «darüber müssen wir unbedingt noch reden» zur nächsten Frage, auf die der Gast ebenso routinemässig anhebt: «Es ist wie bei der Hafermilch …»
Letztlich alles relativ, hätte sich die Geschichte anders entwickelt, sagt Alexander Grau irgendwann, hätten wir heute andere Moralvorstellungen. Der Moderator jauchzt: «Wow, was für eine steile These!», worauf Grau endgültig klarmacht, dass hier gerade die wahre Satire am SRF-Sonntag läuft: «Es könnte dann sein, dass uns jemand zuschaut und denkt: Wie absurd das ist.»
Am Ende hat sich Grau als «überzeugter Marxist» gegen den Kapitalismus gestemmt, unter anderem mit dem Argument, wer Migration verhindern wolle, müsse nicht an den Grenzen rumschrauben, sondern das globale ökonomische System abschaffen. Aber da – Magie oder Verschwörung? – steht auch die Hafermilch nicht mehr auf dem Tisch.
Für Intolerante, namentlich gegen Laktose, mag Hafermilch ein Segen sein. Als philosophisches Symbol? En Hafechääs.