Leser:innenbriefe

Nr. 45 –

Auf der Alp

«Durch den Monat mit Asa Hendry», WOZ im Oktober

Kaum jemand vermag mich besser zu informieren mit Berichten über Alp- und Landwirtschaft als die Redaktorin Bettina Dyttrich. Ihre sehr differenzierten Artikel zeigen immer wieder auf, dass das übliche Schwarz-Weiss-Denken ein ewiger Kampf zwischen den verschiedenen Interessen ist. Fundierte Informationen, die sie von direkt betroffenen Menschen erhält, sind immens wichtig für die Meinungsbildung!

Die Interviews mit Asa Hendry haben mich sehr angesprochen und auch berührt. Es ist zu spüren, dass Asa sich den Auseinandersetzungen stellt und diese mit einer grossen Leidenschaft austrägt. Kämpferischen Vegetarier:innen rate ich, einen Einsatz zu machen im Berggebiet. Es könnte die Erfahrung gemacht werden, dass sich Alpweiden nicht für die direkte menschliche Ernährung eignen. Auch ich kritisiere den immensen überdimensionierten Fleischkonsum mit den negativen Auswirkungen sehr. Aber deswegen Menschen zu kritisieren, die sorgfältig und bewusst den Kreislauf mit den Tieren leben, finde ich nicht angebracht.

Brigitt Schwaller, Rorschach

Was soll das Klagen über den Wolf und die ignoranten Städter:innen! Der Wolf, der nicht reflektieren kann, greift eine kleinste Minderheit seiner Tiere an, die 99 Prozent Überlebenden kommen jung ins Schlachthaus, wo es ihnen nicht besser ergeht. Der Mensch würde lieber aufhören, selber Tiere zu essen, dann hätten diese bessere Chancen, erst gar nicht für ein leidvolles kurzes Leben gezüchtet zu werden.

Renato Werndli, Eichberg

Einseitiges «Spiel»

«Weggesperrt: Hinter Schweizer Gefängnismauern», «wobei» Nr. 5/24

Ein interessantes Heft mit vielen schönen Fotos. Damit fühlen sich alle Kritiker bestätigt, die Gefängnisse als Hotels bezeichnen. Doch die Realität ist eine andere. Die versifften, kleinen Zellen des Regionalgefängnisses Bern sollten mal fotografiert werden. Selbst im Herbst herrschen darin zeitweilig unerträgliche Temperaturen, ähnlich wie im Basler Waaghof (bis zu dreissig Grad). Trotz Rügen der Nationalen Kommission zur Verhütung von Folter hat sich daran nichts geändert.

Im letzten Beitrag des «wobei»-Heftes heisst es: «Das Schweizer Strafsystem bestraft Armut. Damit liefert es falsche Antworten […].» Ja, Arme in Haft können sich nicht wehren – ebenso wenig wie präventiv in Massnahmen befindliche Gefangene, das sind rund tausend Menschen in der Schweiz, die aufgrund vager Prognosen weggesperrt sind.

Auch die Aussagen des Juristen David Mühlemann sind äusserst zutreffend: Arme können sich keinen Anwalt leisten. Beantragen Gefangene deshalb unentgeltlichen Rechtsbeistand, bestimmen die Behörden, gegen die die Gefangenen prozessieren möchten, über diese Anträge. Natürlich sind diese Behörden völlig befangen, denn wer bewilligt schon einen Anwalt gegen sich selber? Weiter ist das von Mühlemann beschriebene «Spiel» der Behörden, Gefangene, die sich wehren, in eine andere Institution zu verlegen (zur Verfügung zu stellen, wie das auf Behördendeutsch heisst), ein völlig inhumanes, sinnloses, demütigendes und narzisstische Kränkungen auslösendes «Spiel» – vor allem, wenn die Institutionen nach Monaten diese Gefangenen wieder aufnehmen müssen. Dazwischen sitzen diese Gefangenen oft in einem Regionalgefängnis quasi in Beugehaft. Die Behörden hoffen wohl, diese Einschüchterung würde die Betroffenen angepasster machen – welcher Trugschluss, zumindest in meinem Fall.

Wenn die Verantwortliche der Justizvollzugsanstalt Thorberg im Heft sagt: «Erfolgreiche Beschwerden helfen uns, uns zu verbessern», dann ist das mehr als euphemistisch, da gerade der Thorberg Meister dieses einseitigen Spiels ist. Die direkt folgende Rechtfertigung, es gebe Gefangene, die den Gefängnisbetrieb lahmzulegen versuchten, unterstellt diesen einen Vorsatz, der weder belegt noch gerechtfertigt ist. Dass immer wieder Beschwerden von Gefangenen erfolgreich sind, belegt eindeutig, dass in den Gefängnissen einiges im Argen liegt.

Romano Schäfer, zurzeit im Regionalgefängnis Bern (Genfergasse 22, 3011 Bern)