Was weiter geschah: Dissident Andrei Gnyot aus Haft entlassen
Exakt ein Jahr nach seiner Festnahme am Flughafen Belgrad hat der belarusische Dissident Andrei Gnyot Serbien verlassen. Er verbrachte sieben Monate im Gefängnis und fünf weitere Monate im Hausarrest. Am Abend des 31. Oktober nahm er vom Belgrader Flughafen aus eine Maschine nach Berlin. Er sagt: «Es war ein Déjà-vu, weil mich die Sicherheitskräfte vor meiner Abreise in den gleichen Raum brachten, in dem sie mich festgenommen hatten.»
Das Lukaschenka-Regime hatte ihn wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung auf die Interpol-Fahndungsliste gesetzt. Tatsächlich ging es wohl um seine oppositionellen Aktivitäten, die ihn 2020 zur Flucht aus Belarus gezwungen hatten. Nach Serbien war Gnyot gereist, um einen Werbefilm zu drehen. Dort wurde er verhaftet, und es drohte eine Auslieferung nach Belarus. Die serbische Justiz – nicht für ihre Unabhängigkeit bekannt – bestätigte Ende August zum zweiten Mal, dass Gnyot ausgeliefert werden solle. Die WOZ besuchte ihn im Hausarrest. Doch dann wurde der Auslieferungsbefehl plötzlich aufgehoben.
Gnyot sagt, dass ihm bei einer Auslieferung der Tod gedroht hätte. Er dankte am Samstag an einer Pressekonferenz in Berlin allen, die halfen, «mein Leben zu retten». Dazu zählt neben bekannten Filmschaffenden auch die belarusische Oppositionsführerin Swjatlana Zichanouskaja, die Serbiens Präsidenten Aleksandar Vučić persönlich um Gnyots Freilassung gebeten hatte. Ausserdem hatten sich mehrere Botschaften für seine Freilassung eingesetzt.
Die Sorge, die Haft als politischer Gefangener in Belarus nicht zu überleben, ist begründet. Am 11. Oktober starb der 22-jährige Dmitri Schletgauer – der siebte bekannte Todesfall eines politischen Gefangenen in Belarus seit den Protesten 2020. Derzeit befinden sich noch rund 1300 politische Gefangene in Haft.
Nachtrag zum Artikel «Kämpft die Demokratie jetzt auch für mich?» in WOZ Nr. 38/24.