Im Affekt: Aus Poptitan wird graue Eminenz

Nr. 48 –

An Horrormeldungen herrscht kein Mangel, nun hat sich auch noch der gut abgehangene TV-Promi Dieter Bohlen als Einflüsterer der neu zu wählenden deutschen Regierung ins Spiel gebracht. Bei einem Besuch bei der «Bild»-Zeitung in Berlin sagte der Musikproduzent (Modern Talking): «Ich würde den nächsten Kanzler beraten, wenn man mich fragen würde. Elon Musk hilft Trump ja auch als Berater.» Der Regierung würde es nämlich ebenfalls gut zu Gesicht stehen, weniger auf Märchenonkel wie den Grünen Robert Habeck zu setzen, sondern stattdessen auf das, was gemeinhin als ökonomischer Sachverstand gilt.

Letzteres versteht Bohlen selbstredend als Fingerzeig auf seine eigenen Qualitäten, immerhin hat der Siebzigjährige ein prall gefülltes Konto: 2019 wurde sein Vermögen auf 250 Millionen Euro geschätzt. Das klingt zwar angesichts der Reichtumsansammlung bei den Happy Few aus der globalen Elite nach gar nicht mal so viel, ist aber immer noch eine Menge Holz. Zudem hat Bohlen mit Tesla-Chef Musk gemein, dass auch er beste Chancen hat, einen Platz auf der Liste der unangenehmsten Menschen des Planeten zu ergattern.

Zuletzt allerdings war es um Bohlen ruhiger geworden (nicht alles hat sich zum Schlechteren entwickelt), jedenfalls im Vergleich zu den Schlagzeilen, die der «Poptitan» («Bild») noch vor zwei Jahrzehnten mit einer Castingshow (die es laut Internet tatsächlich immer noch gibt) und infolge eines turbulenten Privatlebens (Stichworte: Naddel, Penisfraktur) produziert hatte. Nun gilt es, ein neues Buch zu promoten, und Bohlen greift dafür zu Bewährtem: der Kooperation mit dem Boulevard und der Verbreitung steiler Thesen.

Und siehe da – mission accomplished –, man ärgert sich über ihn und gruselt sich bei der Vorstellung, dass er bald als rechte Hand eines Friedrich Merz dienen könnte, während sich Bohlen darüber amüsiert, dass man ihm und «Bild» wieder mal auf den Leim gegangen ist. Aber was will man machen? Einen wie ihn nicht zu hassen, ist eben auch keine Lösung.

Vor seinem BWL-Studium war Bohlen mal bei der Kommunistischen Partei. Vielleicht ist er doch einer von uns?