Im Affekt: Alles perfekt bei Die Antwoord?

Nr. 50 –

Erinnern Sie sich noch an Die Antwoord? Nun, das provokante Rapduo aus Südafrika, das 2012 mit Songs wie «Baby’s on Fire» und «I Fink U Freeky» seine grösste Zeit erlebte, ist nach einigen Jahren in der Versenkung zurück auf Tour. Und man muss konstatieren: Gegen zwei wie sie kann die angeblich so mächtige Cancel Culture offenbar wenig ausrichten. Anri du Toit alias Yolandi Visser, mittlerweile vierzig, und Watkin Tudor Jones alias Ninja, fünfzig, haben so manchen Shitstorm überstanden. Oder wie Jones es letzten Sonntag auf der Bühne im prall gefüllten X-Tra in Zürich sagt: «Fake news on the net can fuck wit ya!» Das ist auch eine Zeile aus einem neuen Song von Die Antwoord: «Everything Is Perfect».

Es sind düstere Geschichten, die über die beiden kursieren. Der Pflegesohn des ehemaligen Paares warf Jones und du Toit vor, ihn sexuell und psychisch misshandelt zu haben. Der Junge war damals auch im Video zu «I Fink U Freeky» zu sehen, neben der leiblichen Tochter der beiden, die Blackface trägt. (Ihr Spiel mit rassistischer Symbolik ist eine Debatte für sich.) Der Rapper Danny Brown wirft Jones einen sexuellen Übergriff gegen ihn vor, und auch die Musikerin Zheani Sparkes sagt, Jones habe sie vergewaltigt, in beiden Fällen soll du Toit den Kontakt hergestellt haben. Die Bilanz: ein paar abgesagte Konzerte.

Alles läuft perfekt für Die Antwoord: voller Club, die DJ im Vorprogramm spielt Rammstein, später begrüsst Ninja das Publikum – «Say hello daddy, hello my children» –, Yolandi Visser quiekt wie eh und je und hüpft über die Bühne, während der entblösste Muskelberg im Hintergrund einen mächtigen Wummsbeat nach dem anderen durch die Boxen jagt. Die Antwoord bleiben sich treu, und das X-Tra wird zu einer Zeitkapsel, in der man nicht sein möchte: in die Jahre gekommene Nuller-Jahre-Styles, finster dreinblickende Typen, auffallend viele Dreadlocks und andere Kostüme, die man auf irgendeinem gottverlassenen Goa-Rave antreffen würde. Den richtigen Moment, die Party zu verlassen? Haben sie längst verpasst.

«Everything Is Perfect» beginnt übrigens mit einer Zeile über einen riesigen Penis. Wow.