Leser:innenbriefe
In den Bauch gedrückt
«Männermedizin: Neue Methoden für die Hoden», WOZ Nr. 19/25
Lustiger Artikel, aber leider nicht ganz unproblematisch. Hodenbaden als Meditationserfahrung in Ehren, aber den Andro-Switch, der die Hoden in den Bauch drückt, sollte man nicht als Spielzeug bewerben, wenn man nicht die Expertise eines Urologen einholt oder einen Sprachgenerator befragt (erhöhtes Krebsrisiko) …
Andreas Venakis, per E-Mail
Innovativ und mutig
«Rechte Esoterik: Die Schulen der Neuen Welt», WOZ Nr. 20/25
Als interessierte Pädagogin war ich vor einigen Tagen auf Schulbesuch im «Gwunder». Noch tief beeindruckt von der vertieften Arbeitsstimmung und der anregenden Lernumgebung mit Malatelier, Werk- und Bewegungsraum, finde ich im WOZ-Artikel ebendiese Schule erwähnt. Die Tatsache, dass der als Verschwörungstheoretiker beschriebene Fabian sein Kind im «Gwunder» beschulen lässt, veranlasst die Autorin dazu, die Schule in denselben Topf mit Verschwörungstheoretikerinnen und Coronaleugnern zu werfen.
Schade! Gerade weil enorm viel Engagement von Lehrpersonen und Eltern in dieser Schule steckt. Sie alle wünschen sich eine tolle Schule, in der sich die Kinder wohlfühlen und in ihrer ganzheitlichen Entwicklung begleitet werden. Von der WOZ erwarte ich fundiert recherchierte Texte und keine reisserischen Artikel wie diesen. Ich habe bei meinen Besuchen im «Gwunder» eine innovative, junge Schule gesehen, an der mit viel Freude gewerkt, gegärtnert, gesungen, gespielt und gelacht wird und an der keine verschrobenen Weltanschauungen vermittelt werden.
Rachel Wydler, per E-Mail
Anstatt undifferenziert von rechtsständiger Esoterik zu fabulieren, würde es der WOZ gut anstehen, die marode Situation staatlicher Schulanstalten zu reflektieren. Sie halten junge Menschen mit einem Gebäudeanwesenheitszwang sozusagen gefangen. Nach elf Jahren obligatorischem Schulbesuch gelten viele als sogenannte funktionale Analphabeten, erleben sich als gesellschaftlich ausgegrenzt und oft als traumatisiert.
Obwohl die für die Institution Schule zuständigen Behörden so tun, als sei das «Gebäude» der Schule (damit ist nicht der Bau gemeint, sondern die Institution!) fest und in gutem Zustand, wissen wir, wie morsch und brüchig es ist. Allein schon die astronomische Zahl an Menschen aus der Lehrerschaft, die es an der «pädagogischen Front» nicht mehr aushalten und aufgeben, weil sie ihr Leben anders als mit diesem unentwegten Stress gestalten wollen …
Allein diese Tatsachen müssten neben etlichen anderen seit Jahrzehnten dazu führen, das System Schule grundsätzlich infrage zu stellen. Doch die Politik «dökterlet» auch in Sachen Bildung superteuer an Details herum und versucht, sich von links über die Mitte bis nach rechts mit Symptombekämpfung zu profilieren. Soll die Bildungsorganisation den Herausforderungen und Chancen im 21. Jahrhundert entsprechen, braucht es dafür nicht immer noch mehr aufwendige und superteure Reformen, sondern einen fundamentalen Wandel. Es ist sehr erfreulich, dass und wie dafür immer mehr Projekte mit Kindern und ihren Eltern mutig auf ihrem Weg sind.
Ueli Keller, unter anderem Koordinator Europäisches Netzwerk «Bildung & Raum», Allschwil