Leser:innenbriefe
Mehr Selbstbewusstsein
«Palästinademo in Bern: Wissen und Empathie», WOZ Nr. 42/25
Es gibt überall nicht oder fehlinformierte, frustrierte Idioten, aber generell sollten wir in unserer Israelkritik mehr Selbstbewusstsein entwickeln! Speziell in der Deutschschweiz geht ein aus deutschen Schuldgefühlen herübergeschwapptes Unbehagen unter der Linken um: die lähmende Angst, als Antisemit:innen bezeichnet zu werden.
Keine Frage: Niemand will unter dem militanten Fundi-Regime der Hamas leben! Aber Fakt ist auch: Ohne das 78-jährige Land Grabbing des israelischen Apartheidstaates wäre die Hamas kaum denkbar. Ich betone das, weil ich mit der andauernden Quasi-Gegenüberstellung des Gaza-Genozids mit dem 7. Oktober in der Form Mühe habe, weil da im Unterton immer eine leise Rechtfertigung für das Töten in Gaza mitschwingt. Hochproblematisch und im Kern rassistisch ist es, wenn hiesige Medien den 7. Oktober (zu Recht) als «grausames Massaker» bezeichnen, andererseits relativ sachlich nur von «toten Zivilisten» in Gaza berichten.
Dave Thomann, Zürich
Wissen scheint nicht wirklich die Kernkompetenz der Redaktorin zu sein, auf jeden Fall nicht zur Geschichte von Palästina und des Zionismus. So liest sich ihr Kommentar eher als eine Anbiederung an die selbsternannte «nicht-antisemitische» Schweiz. Was sie unterschlägt, ist, dass die forcierte zionistische Einwanderung das zumeist friedliche Neben- und Miteinander in Palästina zu zerstören plante. Vielleicht fehlt es nicht nur den Jüngeren eventuell etwas an Wissen, sondern auch der Redaktorin – und das gewollt, denn was nicht sein darf, wird einfach verleugnet. WOZ, das ist kein seriöser Journalismus mehr, dein Niveau rast mit unvorstellbarer Geschwindigkeit in nicht für möglich gehaltene Tiefen.
Gion Honegger, per E-Mail
Ich möchte mich für den Kommentar bedanken. Ein treffender, differenzierter Text – endlich auch einmal kritisch gegenüber den zunehmend autoritären Tendenzen innerhalb der Linken, ohne die Dringlichkeit von Solidarität zu bagatellisieren. Das gibt es momentan viel zu selten.
Thiemo Legatis, Basel
Bedeutungsvoll
«Medien und Rechtsextremismus: Glarner oder der unheimliche Pakt», WOZ Nr. 43/25
Welche Freude dieser Artikel mir beim Lesen gemacht hat! Selbstverständlich inhaltlich mit dem Ausgang der Anzeige für den Journalisten und die WOZ. Aber auch, wie der Text spannend, mit Humor und schliesslich bedeutungsvoll für die schweizerische Presselandschaft und die Medienfreiheit verfasst ist. Danke!
Olivier Bourgogne, per E-Mail
Lapidare Weisheit
«Essay: Soccer Dad – meine Reise ins Leben der anderen», WOZ Nr. 42/25
Ich las den Artikel gleich zweimal. Kompliment. Das war eine Alltagsschilderung, die mir (halt alter, weisser Mann) aus der Seele sprach. Der Bericht vermittelte einige für mich wichtige Erkenntnisse wie etwa, dass wir in der Gesellschaft soziale und politische Unterschiede oft aushalten sollten – den Kindern zuliebe.
Beim Fussballspiel (oder bei allen «Auseinandersetzungen») länger beobachten, hinschauen und nachfragen. Dann sagt der Autor auch, dass es in diversen Gesellschaften nicht immer sinnvoll ist, die eigene Meinung in den Vordergrund zu stellen. Erstaunlich scheint mir, dass er diese lapidare Weisheit als Jugendlicher in den USA zur Reagan-Zeit begriffen hat und dass sie auch im Berliner Jugendfussballmilieu von heute gilt.
Ebenso wohltuend die Beobachtung: Niemand will hier mit seinem Status (Beruf, Stand, Rang und Namen, Ansehen) auftrumpfen. Es gibt bei allen Unterschieden ein stilles Einverständnis, das wir das hinbekommen. Schliesslich die Erkenntnis, dass Freundschaften manchmal wichtiger sind als Politik. Es ist oft ratsamer, wie der Autor schreibt, bei kontroversen Inhalten wie etwa «Hamas» oder «Gazakrieg» andere Themen zu suchen, um das kostbare Gut der sozialen Beziehungen nicht zu gefährden.
Vic Boulter, per E-Mail