Pegasus-Spionageskandal: «Ich war im System»

Nr. 40 –

Niv Karmi hat die israelische Überwachungsfirma NSO mitgegründet. Nach wenigen Monaten stieg er aus. Mit einer neuen Firma will er von der Schweiz aus im Katastrophenschutz helfen. Ein Gespräch über seine Geschichte und notwendige Regulierungen der Sicherheitsbranche.

Die Gefahr von Naturkatastrophen nehme stetig zu, sagt Niv Karmi. Seine in Zug domilizierte Firma Polus Tech entwickelt mobile Funkzellen, die im Notfall rasch installiert werden und die Handys von Vermissten orten können. Illustration: Lorenz Rieser

WOZ/ZON: Zunächst einmal bitte ich um Entschuldigung dafür, dass wir Ihren Namen falsch geschrieben haben. Könnten Sie bitte das Problem mit C und K erklären? Auf Wikipedia und in anderen Quellen wird Ihr Nachname mit C geschrieben. Sie schreiben ihn mit K?
Niv Karmi: Schon immer.

Was ist passiert?
Keine Ahnung. Bei den meisten Artikeln über mich haben die Autoren nie mit mir gesprochen.

Wann sind Sie in die Schweiz gekommen?
Vor sechs Jahren. Die Idee war, ausserhalb von Israel ein Unternehmen aufzubauen. Ich war der Ansicht: wenn man globale Themen adressieren will, die mit öffentlicher Sicherheit zu tun haben, etwa Klimawandel und Katastrophenmanagement, dann ist es besser, das von einem neutralen Standort aus zu tun. Deshalb habe ich Polus Tech gegründet.

Sie sind also nicht nur wegen der Berge in die Schweiz gekommen, um Ihr Unternehmen zu gründen?
Die Schweiz fühlte sich von der Grösse her richtig an. Sie ist kein grosses Land, und ich komme aus einem kleinen Land. Weil die Qualität der Ingenieure und alles, was dieses Ökosystem hier bereitstellt, einfach grossartig ist. Alles läuft unkompliziert. Und meine Erfahrungen mit den Menschen in der Schweiz sind unglaublich gut. Unser gesamtes Ökosystem, von unseren Anwälten bis hin zur Versicherung – alle wollen, dass wir Erfolg haben.

Haben Sie auch deswegen Israel verlassen, weil Sie die Vergangenheit hinter sich lassen wollten?
Ich bin nicht vor meiner Vergangenheit weggelaufen. Ich habe meinen Standort verändert, um etwas Fantastisches und unglaublich Gutes aufzubauen, ohne Verbindung zur Politik. Es ist mir einfach wichtig, Gutes zu tun.

Sie sind Ingenieur geworden, richtig?
Ich habe mein Studium nicht abgeschlossen. Den grössten Teil meiner Zwanziger verbrachte ich in der Armee. Daher habe ich mein ganzes Wissen und meine Ausbildung. Ich habe verschiedene Stellen gehabt, aber letztlich war es eine Kombination von praktischen Tätigkeiten und High-End-Technologie.

Können Sie darüber sprechen, in welchen Einheiten Sie gedient haben?
Spezialeinheiten und so. Ich erkläre mal eben. Ich war in einer der Topspezialeinheiten, die geheimdienstlich arbeitet. Das habe ich die meiste Zeit während meiner Zwanziger gemacht. Zum Schluss war ich Major. Wissen Sie, damals war ich der Meinung, wenn man Israel unterstützen möchte, dann muss man das machen. Ich bin in dem Umfeld aufgewachsen. Aber heute entspricht mir das nicht mehr. Ich finde es noch nicht einmal interessant.

Major ist ein hoher Rang. Es scheint uns, dass Sie eine aussergewöhnliche Karriere hatten …
Ja. Aber an irgendeinem Punkt hatte ich das Gefühl, dass das nicht mehr meine Art und Weise war, mein Land zu unterstützen. Und ich bin einfach gegangen. Ich habe enge Freunde, die immer noch beim Geheimdienst sind. Aber es ist nicht mehr mein Weg. Also bin ich gegangen und habe in den privaten Sektor gewechselt. Als Erstes bin ich nach Äthiopien gegangen, um für ein amerikanisches Unternehmen ein landwirtschaftliches Projekt aufzubauen. Sie haben die Leute vor Ort darin ausgebildet, Rizinus anzubauen. Und dann bin ich nach Israel zurückgegangen, und ein Freund sagte mir: Hey, da sind zwei Typen, die haben ein paar Ideen, kannst du dich mal mit denen zusammensetzen?

Shalev Hulio und Omri Lavie?
Ja. Das war im Grunde NSO.

Was war der Grund, dass sie zu Ihnen kamen?
Weil ich derjenige war, der Erfahrung hatte, mit dem Produkt, mit dem Wissen, ich war im System.

Aber sie waren auch im System, sie dienten in der Armee in hochrangigen Positionen.
Nicht im selben Bereich. Sie kamen zu mir, weil sie eine Technologie für die zivile Nutzung hatten. Sie dachten, dass es noch eine andere Anwendung gibt.

In der offiziellen Geschichte der Firma verhält es sich umgekehrt – Geheimdienste sollen auf Hulio und Lavie zugekommen sein und sie gefragt haben, ob sie ihnen aus dem Produkt nicht eine Waffe bauen wollten.
Ganz so ist es nicht gewesen. Sie haben eine Chance gesehen, und dann sind sie zu mir gekommen, und wir haben angefangen, eine Vision zu entwickeln. Anfangs war es mir klarer als ihnen, was dieses Projekt sein würde. Diese Tools sind recht kompliziert. Ich habe also gesagt, dass wir zwischen verschiedenen Geheimdiensten Brücken bauen müssen. Wir müssen die Menschen an einen Tisch bringen. Wir müssen Menschen, die grössere Verantwortung tragen, in den Prozess integrieren, denn ich wusste, wie sensibel die Technologie ist. Aber es gab eine Auseinandersetzung.

Worüber?
Am Anfang war die Vision, mit NSO Gutes zu tun. Ich komme nicht aus einer unternehmerischen Familie. Ich kam fast direkt aus dem Militärdienst. Beim Militär dreht sich alles um die Vision und darum, was du machen willst. Und dann bin ich auf diese beiden Typen getroffen, die unternehmerisch sehr geschickt waren. Das war nicht deren erste Firma. Und aus meiner Sicht sind verschiedene Sichtweisen aufeinandergeprallt.

Inwiefern?
Es ging ihnen mehr ums Geschäft, sie hatten eine andere Ansicht dazu, wie die Geschäfte entwickelt werden sollten und wie damit umgegangen werden sollte. Irgendwann, nach ein paar Monaten, war es nicht mehr, was ich wollte, und auch nicht mehr, was sie wollten.

Wenn Sie geblieben wären, wären Sie Multimillionär …
Verstehen Sie bitte, ich denke nicht mehr über NSO nach, ich bereue nichts. Es ist etwas, was ich gemacht habe, ich war Teil davon, es ist Teil meines Lebens.

Was halten Sie heute davon?
Okay, lassen Sie uns über die Branche reden. Diese Art Tools – sie werden nicht verschwinden. Die Branche ist neu, sie wird nicht verschwinden. Denn wenn man heutzutage einen Terroristen oder einen Pädophilen stoppen will, muss man diese Tools haben. So ist es eben. So läuft das Spiel, ob es einem gefällt oder nicht.

Also erstens, wie holt man die Regulierungsbehörde ins Boot? Das Unternehmen will Geld verdienen. Die Regulierungsbehörde will ihm irgendeinen Rahmen aufzwingen. Wie bringt man da eine andere Ebene Verantwortung mit hinein? Durch Gesetzgebung. Wenn ich etwas aus diesem Land exportieren will, muss ich eine Exportlizenz besorgen, es gibt ein Exportregime. Der Rahmen existiert also bereits.

Und zweitens, ja, diese Tools sind sehr leistungsfähig. Aber welche Technologie kann Missbrauch verhindern? Ich vermute, dass solche Unternehmen im Laufe der Zeit verschwinden werden. Es wird immer Unternehmen in diesem Bereich geben, aber es geht hier um einen Markt im Umfang von 200 Millionen Dollar, und das ist im Vergleich mit anderen Technologien recht klein. In der Vergangenheit haben wir erkennen können, dass Länder ihre eigenen Möglichkeiten aufbauen. Und dadurch verändert sich der Markt, der Preis sinkt. Sie sind skeptisch?

Ja, in den meisten Teilen Europas sind solche Tools stark reguliert, und die Polizei und die Geheimdienste versuchen, ihre eigenen Spionagetools zu entwickeln und dabei die gesetzlichen Vorgaben zu beachten. Aber das ist nicht so einfach. Smartphones und Computer verändern sich rasch, und die Unternehmen dahinter sind sehr geschickt und interessieren sich mehr und mehr für Sicherheit. Die Sicherheitsbehörden schaffen es also nicht. Und was machen sie? Sie gehen zu NSO und kaufen Pegasus.
Ich sehe dennoch eine Veränderung. Es gibt Länder wie Australien und Neuseeland, die die Deregulierung auf andere Art und Weise anpacken. Sie sagen, okay, wir haben Usama Bin Laden. Das ist ein Zehntel der Ziele. Lass uns damit anders umgehen. Aber für den Rest, für die Pädophilen und so weiter, wollen wir, dass die Telekommunikationsgesellschaften mitarbeiten, und wir bauen Regulierungen da mit ein. Und wenn die gesetzlichen Vorgaben erst einmal stehen, dann werden die grossen Unternehmen, die die Infrastruktur tatsächlich kontrollieren, Lösungen anbieten. Und private Unternehmen wie NSO können es nicht mit Apple oder Google aufnehmen.

Sie sagen also: Unternehmen wie NSO werden verschwinden.
Ja, ich glaube schon. Um diese Branche zu verstehen, braucht man die intelligentesten Leute. Man braucht Leute, die wirklich in allen Fragen auf dem allerneusten Stand sind. Man muss sie rekrutieren. Das wird immer schwieriger. Man muss immer höhere Gehälter bezahlen. Und alle paar Monate gibt es von irgendeinem anderen Unternehmen Erweiterungen für deren Tools – und man fängt wieder von vorne an. An irgendeiner Stelle kommt das Unternehmen nicht mehr mit den Kosten zurecht, besonders wenn die Preise sinken. Es brauchte auch Zeit, bis die Regulierungsbehörden das Internet verstanden haben. Jetzt ist das Wissen dort vorhanden. Also hoffe ich, dass neue Vorschriften einerseits den Datenschutz und andererseits die Sicherheitsbedenken der Öffentlichkeit adressieren. Und ich denke, dass wir das schliesslich schaffen werden.

Wenn man Tools wie Pegasus benutzt: Ist die Überwachung unschuldiger Menschen eine Art Preis, den die Gesellschaft zahlen muss, wenn sie Terroristen oder Pädophile kriegen will, oder ist das ein Kollateralschaden?
Aus der Perspektive eines Geheimdienstes ist es ziemlich schwierig, das grosse Ganze zu sehen. Also muss man irgendwo anfangen. Und dann stellt sich die Frage, ob es sich tatsächlich um einen Kollateralschaden handelt oder nicht. Wenn der Geheimdienst eine Methodologie entwickelt, die so stark eingebettet und sehr strikt ist, sie wissen also, wonach sie suchen, dann sage ich: Okay. Es gibt andere Geheimdienste, die Massenüberwachung betreiben. Ich bin kein grosser Freund von Massenüberwachung. Man muss aber realistisch sein. Ich denke, dass wir diesen Preis werden zahlen müssen, aufgrund der Technologie, die sich ständig weiterentwickelt und Bösewichten bessere Möglichkeiten gibt, sich zu verstecken. Denn es ist sehr schwierig, das Ziel zu erreichen. Wenn ein Drogenboss sich gut auskennt, dann sind seine Kreise das Einzige, was man hat. Und bei diesen Kreisen kann es sich um Menschen handeln, die unbeteiligt sind, aber sie gehören dennoch zu den Kreisen des Drogenbosses.

Genau das ist mit Pegasus passiert. Den mexikanischen Drogenbaron «El Chapo» hat man gefasst, indem man seinen Anwalt überwachte. Also, noch einmal: Ist das der Preis, den wir zahlen müssen?
Schauen Sie, ich bin Israeli. All die Risiken, mit denen ich als Kind aufgewachsen bin, und dann beim Militär, waren lebensbedrohlich. Und bei uns in Israel dreht sich alles darum, Leben zu retten. Ich glaube stark an Staatsdiener, und vielleicht bin ich naiv. Aber ich möchte ihnen vertrauen, dass sie die richtige Entscheidung treffen. Jetzt möchte ich Ihnen eine Frage stellen. Wem vertrauen Sie?

Den Menschenrechten. Unsere Gesellschaft ist nur dann stark, wenn sie die Menschenrechte achtet. Also ist der Krieg gegen den Terror ein Problem, weil er die Menschenrechte untergräbt. Früher galten Terroristen als Kriminelle. Um Kriminelle zu bekämpfen, gibt es Gesetze und die Polizei. Aber diese Idee, einen Terroristen als eine Art vogelfreien Kämpfer zu betrachten, wie in Guantánamo, das ist Unrecht. Wenn es keine Grenzen mehr gibt, zerstört man die eigenen Werte.
Das sehe ich genauso. Und ich denke, dort beginnen die Probleme. Und deswegen verstehe ich, was Sie sagen. Andererseits gibt es so viele Menschen, die sich selbst in die Luft jagen, um andere zu töten. Und wir wissen nicht, wie wir darauf reagieren sollen, weil es nicht zu unserer Ebene des Denkens gehört, wir sind damit nicht aufgewachsen. Es gibt auf der anderen Seite jemanden, der dich hasst, weil du der bist, der du bist. Es ist egal, was du ihm sagst, er hasst dich einfach so sehr, dass er bereit ist, sich zu töten, nur um dich zu töten. Ich will Guantánamo nicht rechtfertigen, aber dadurch gerät eine Gesellschaft in eine sehr schwierige Situation.

Aber ja, in gewisser Weise hat es auch mit dem zu tun, worüber wir in Bezug auf diese Art Tools sprechen. Diese Tools, dieser Kampf, das ist nicht das Ziel. Wenn das erst einmal zum Ziel geworden ist, hat man es verfehlt. Wenn diese Tools das Ziel sind, weil es so am einfachsten geht, hat man das Ziel verfehlt. Weil sie keine Handelsware sein sollen und weil sie in keinem anderen Fall eingesetzt werden sollen. Ich denke, dass die Branche letztlich mehr zustande bringen muss. Sie kann nicht immer weiter im Verborgenen agieren, es muss eine Diskussion geben. Und Diskussion bedeutet nicht, mit denjenigen Menschen zu reden, die dieselbe Meinung vertreten. Und es geht nicht darum aufzurechnen, wie oft das Tool gegen Reporter benutzt wurde oder wie viele Leben dadurch gerettet wurden. Letztlich ist es eine ethische Frage, die Auswirkungen auf die Regulierungsbehörden, aber auch auf die Unternehmen haben sollte.

Was ist mit Polus Tech, Ihrem eigenen Unternehmen?
Ich habe gesehen, dass viele Unternehmen die terroristische Seite der öffentlichen Sicherheit in Angriff nehmen. Aber aus meiner Sicht sind immer mehr Veränderungen Folgen des Klimas. Es gibt immer mehr Naturkatastrophen. Diese Bedrohung hat derzeit nicht dieselbe Grössenordnung wie eine terroristische Bedrohung, aber sie wächst. Und wir müssen diese Ereignisse managen. Ohne Konnektivität kann man allerdings eine Katastrophe wie etwa eine Überschwemmung nicht managen. Wenn man an einem solchen Ort ankommt und versucht, Leben zu retten, muss man ein paar Fragen sofort beantworten: Wie viele Menschen sind betroffen? Wo sind sie? Können wir mit ihnen kommunizieren? Können wir ihnen bestimmte Anweisungen geben? Das ist die erste Stufe. Die zweite Stufe ist, den Ersthelfern direkte Kommunikation zur Verfügung zu stellen. Und die letzte Stufe ist, das Gebiet mit dem Makronetzwerk, mit der Aussenwelt, zu verbinden. Und da das ein derart chaotisches und sehr aggressives Umfeld ist, gibt es dafür nicht viele Produkte. Und ich habe gesagt, okay, wir konzentrieren uns darauf.

Was verkaufen Sie?
Wir verkaufen eine Box. Sie ist entweder so klein, dass man sie als Rucksack tragen kann, oder eine grössere Box, die man ins Auto stellt. Eine Art mobile Mobilfunkinfrastruktur. Damit kann man erfassen, wie viele Menschen betroffen sind und wo sie sich befinden. Sie wollen ihnen SMS schicken, egal ob das Netz dort funktioniert? Das geht.

Und das bedeutet, dass man den Rucksack nehmen kann, und der Rucksack kann erkennen, okay, da liegen Menschen unter den Trümmern? Und ich kann sie sehen und mit ihnen kommunizieren, weil ich mein eigenes Netz aufbaue?
Ja, wenn das normale Kommunikationsnetz nicht mehr existiert.

Es klingt aber auch so, als könnte man das Tool auch als IMSI-Catcher benutzen.
Im Grunde ist es ein IMSI-Catcher. Man sieht die Handys in der Umgebung, und dadurch kann man mit ihnen kommunizieren. Aber man sieht nur die IMSI. Man weiss nicht, welche Person dahintersteckt. Aus Datenschutzsicht gibt es die maximale Abschirmung.

War das der Grund, warum Sie eine Genehmigung vom Seco in der Kategorie IMSI-Catcher brauchten? Wir konnten feststellen, dass in dieser Kategorie drei Lieferungen nach Indonesien für Sie verzeichnet sind.
Es ist ein Dual-Use-Produkt. Man kann es kaufen, um es als privates Netz zu benutzen, als sicheres Netz. Wenn wir beispielsweise einmal im Jahr eine Veranstaltung wie die Street Parade in Zürich haben und bestimmte Mobilfunkmasten überlastet sind und die Polizei ein Netz möchte, das in jedem Fall weiterarbeitet und gegen alles Mögliche gesichert ist – so etwas bieten wir an.

Aber ein Kunde kann es als IMSI-Catcher missbrauchen, richtig?
Kunden können es als IMSI-Catcher benutzen, denn schliesslich ist es das Such- und Rettungstool. Sodass sie feststellen können, wo sich jemand befindet.

Wir haben gelesen, dass Sie mit dem deutschen THW (Zivil- und Katastrophenschutzbehörde) über Ihr Produkt gesprochen haben, um bei den Überschwemmungen im Ahrtal zu helfen. Hat das THW Ihre Tools gekauft?
Ich habe einen Anruf bekommen, ob wir zwei Geräte hätten, die sie für eine Such- und Rettungsaktion benutzen könnten. Das war an einem Samstag. Montag früh war ich unterwegs nach Deutschland. Wir gaben die Geräte einem Unternehmen, mit dem wir zusammenarbeiten, und sie sollten dann dem THW zur Verfügung gestellt werden. Ich weiss nicht, ob sie benutzt wurden. Ich sagte: Leute, wenn ihr irgendetwas braucht, dann ruft uns einfach an.

Man hat angerufen?
Nein, nicht wirklich. Es ist schwierig, während einer Krise Geschäfte zu machen. Aus solchen Fällen haben wir gelernt, dass es ziemlich schwierig ist, als Unternehmen Menschen in Not zu unterstützen. Wir überlegen, eine Stiftung oder eine NGO zu gründen. Dann bilden wir Menschen aus und haben einige Geräte ständig verfügbar, und als NGO ist es einfacher zu reagieren. Was wir letztlich anbieten, ist Konnektivität für Mobilfunkdienste in besonderen Situationen. Wir haben eine Anfrage von einem Armbanduhrenhersteller bekommen. Das Unternehmen hatte ein Problem. Man muss nämlich den Bauplan für die Armbanduhr auf die CNC-Maschine herunterladen, und es gibt Hacker, die die Maschine hacken.

Wirklich? Sie stehlen die Baupläne?
Ja. Also haben sie uns angesprochen und gefragt: Könnt ihr in einer Fabrik ein geschlossenes 5G-Netz aufbauen? Ja, das können wir tun.

Wie sind Ihre weiteren Pläne?
Ich möchte auch mit einer schweizerischen Universität zusammenarbeiten. Dort gibt es gute Daten zu Klima- und Katastrophenforschung. Da ich selbst nicht studieren konnte, wäre das ein schönes Ziel: die Uni zu hacken.

In diesem Gespräch haben wir den Eindruck gewonnen, dass Sie sich stark verändert haben. Früher waren Sie beim Militär und suchten Terroristen, heute wollen Sie den Klimawandel bekämpfen. Wie würden Sie diesen Wandel beschreiben?
Für mich ging es schon immer um die Auswirkungen meines eigenen Handelns. Das war schon so, als ich NSO mit gründete. Aber als mir klar wurde, dass andere unsere Ziele anders bewerten, habe ich mich davon verabschiedet. Zu dem Zeitpunkt habe ich einen Unternehmer kennengelernt, der sein Unternehmen langfristig ausgerichtet hat. Er dachte dabei an seinen Sohn. Das hat mich fasziniert. Dass es um eine Vision geht. Nicht nur darum, das schnelle Geld zu machen.

Übersetzung aus dem Englischen von Sandra H. Lustig.