Der zufriedene Frauen­versteher

Auf diesen Mann haben alle gewartet: Endlich erklärt uns einer die Frauen. Diese sind nämlich angeblich viel zufriedener, als uns diese verhärmten Feministinnen seit Jahren (ach, was sag ich, seit Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten) weismachen wollen.

Mann der Stunde ist Martin Schröder, Professor für Soziologie an der Uni Saarland. Er hat eine richtig grosse wissenschaftliche Studie über die Zufriedenheit der Frauen gemacht: «Ich meine, ich zitiere 250 Studien, dazu 50 aus den letzten drei Jahren […]. Das Buch hat 450 Fussnoten, ich habe mich drei Jahren mit dem Thema beschäftigt», beteuert er auf SRF. Seiner Studie hat er dann den bescheuerten Titel «Wann sind Frauen wirklich zufrieden?» gegeben, nun bekommt er in allen grossen Schweizer Medien eine unkritische Plattform.

In der NZZ erklärt er, dass sich die Mehrheit der Frauen nicht als Opfer fühle, dass jedoch ein moralisch aufgeladener Opferfeminismus dominiere, im «Echo der Zeit» betont er, dass Frauen einfach zufriedener seien, als oft behauptet werde, und es laut Umfragen bei der Zufriedeheit keinen Unterschied gebe zwischen Männern und Frauen. Und im Tamedia-Interview erläutert er schliesslich das Grundproblem: «Es besteht die Gefahr, dass unsere Ansprüche an Gerechtigkeit schneller ansteigen, als die Welt sich verbessert, und wir deswegen die Welt als schlechter betrachten, als sie tatsächlich ist.» Echt jetzt?!

Anstatt Interview auf Interview mit dem Frauenversteher zu publizieren, hätte ein:e Journalistin:in eines Schweizer Medienhauses diese Studie ja mal lesen und kritisch rezensieren können. Zum Glück hat das die «Süddeutsche Zeitung» gemacht – und kein gutes Haar an ihr gelassen. Schröder hinke dem Stand feministischer Kritik um mehrere Jahrzehnte hinterher, schreibt die Journalistin Aurelie von Blazekovic und zeigt zudem gut nachvollziehbar auf, wie unseriös er mit quantitativen Forschungsergebnissen umgegangen ist. Letztlich schreibe der Soziologe völlig am Thema vorbei, denn: «Dass die grundsätzliche Zufriedenheit von Frauen bislang überhaupt nicht das Thema war, an dem der Feminismus laborierte, eher schlechtere Löhne und Renten und die erhöhte Gefahr, von seinem Partner ermordet zu werden, das kümmert Schröder nicht.»

Den Vogel schiesst der Herr Professor schliesslich im Tamedia-Interview ab: Was er sich denn erhoffe, will die empathische Journalistin am Ende des Gesprächs wissen. Schröder: «Dass man anfängt, den Frauen zuzuhören, was sie wollen, statt über sie zu entscheiden.» Höchste Zeit, dass Herr Schröder selber damit beginnt.

Mona Molotov ist die meinungsstärkste Möwe des Landes. Sie schreibt regelmässig im «Zoo» auf woz.ch.