US-Bildungspolitik: Wie Trump Harvard in einen Kulturkrieg zerrt

Nr. 25 –

Hat Harvard ein Antisemitismusproblem? Ja, und eines mit antimuslimischem Rassismus. Zu diesem Schluss kommen zwei Taskforces, die die Uni bereits vor einem Jahr eingesetzt hatte.

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Harvard-Alumni und Eltern von Student:innen an der Abschlussfeier Ende April
Auf dem Campus geht es festlich zu, ausserhalb wird protestiert: Harvard-Alumni und Eltern von Student:innen an der Abschlussfeier Ende April. Foto: Sydney Roth, Getty

Martin Puchner wuchs zwar in Deutschland auf, aber fast sein ganzes akademisches Leben verbrachte er in den USA (vgl. «Kultur hat kein Copyright»), als Professor vor allem in Harvard, an einer der berühmtesten und reichsten Unis der Welt also. Noch ein bisschen berühmter, aber ärmer wurde Harvard, als die Uni jüngst Widerstand gegen die Angriffe der Regierung Trump leistete. So hat das Weisse Haus etwa 2,3 Milliarden Dollar Bundesmittel für Harvard eingefroren und droht, diese nicht mehr auszubezahlen. Weiter fordert Trump alle Daten über ausländische Geldgeber:innen, hat erst Visaschwierigkeiten für ausländische Studierende in Aussicht gestellt und ihre Einreise dann tatsächlich ganz verboten. Alan Garber, der Präsident von Harvard, hatte gegen letztere Verordnung geklagt, ein Gericht gab ihm vorerst recht.

Trumps Alibi

Der manifeste Grund für die historisch einzigartigen Übergriffe einer Regierung auf eine US-Uni: Die Harvard-Leitung würde zu wenig gegen Antisemitismus auf dem Campus unternehmen. Dass es besonders im Nachgang zum 7. Oktober, nach dem terroristischen Überfall der Hamas auf Israel sowie seit dem darauf folgenden Vernichtungskrieg Israels in Gaza, auch in Harvard antisemitische Tendenzen und Vorfälle gab, bestreitet noch nicht einmal Harvard-Präsident Garber selbst, der deshalb schon im Frühjahr 2024 zwei entsprechende Taskforces eingesetzt hatte. Die eine untersuchte Antisemitismus auf dem Campus, die andere antimuslimischen Rassismus – und zwar unter den Studierenden selbst, aber auch ausgehend von den Lehrpersonen. Harvard-Professor Puchner meint dazu, dass der zeitweise enge Meinungskorridor eher ein Problem unter den Student:innen gewesen sei.

Die Berichte der beiden Taskforces, die Ende April 2025 veröffentlicht wurden, bestätigten beide Fragestellungen: Demnach fühlten sich sowohl jüdische als auch muslimische Studierende in Harvard unfrei zu sagen, was sie wollten (Muslim:innen noch deutlich unfreier, so die zweite Studie). Aber selbst jene jüdischen Harvard-Vertretungen, die den Präsidenten Garber angesichts dieser Ergebnisse nun zum Handeln aufforderten, lehnen den beispiellosen Disziplinierungsversuch der US-Regierung ab. Denn allen dürfte klar sein, dass es Trump weniger um Antisemitismus geht (und schon gar nicht um antimuslimischen Rassismus) als um die Machtdemonstration gegenüber einer Institution, die seine Politik ablehnt.

Was der Uni droht

Einfacher wird das in nächster Zeit aus zwei Gründen nicht. Was Harvard erstens am meisten fürchtet: Trump könnte der Uni den Status als gemeinnützige Einrichtung entziehen; Spenden müssten dann versteuert werden, was faktisch das Ende der Uni in ihrer heutigen Form bedeuten würde. Zweitens dürften sich die Gemüter angesichts einer weiteren drohenden Eskalation im Nahen Osten nach Israels Angriff auf den Iran eher nicht beruhigen – auch auf einem US-Campus nicht.