Spiess-Hegglin vs. Ringier: Medienpolitischer Paukenschlag

Nr. 5 –

Das Zuger Kantonsgericht hat entschieden: Ringier muss Jolanda Spiess-Hegglin insgesamt 584 138 Franken zahlen. Die Summe umfasst 309 531 Franken Gewinnherausgabe für vier Artikel, Zinsen und eine Parteientschädigung. Damit beurteilt ein Schweizer Gericht erstmals die Höhe eines Gewinns, den ein Medienhaus mit persönlichkeitsverletzenden Artikeln gemacht haben soll. In seinem Urteil folgt das Gericht weitgehend den Forderungen von Spiess-Hegglin.

Bis heute ist ungeklärt, was nach der Landammannfeier am 20. Dezember 2014 in Zug geschehen ist. Die Ereignisse jener Nacht waren jedoch Ausgangspunkt für eine mediale Hetzjagd gegen Spiess-Hegglin. Publikationen des Ringier-Verlags waren zuvorderst dabei. Dafür muss dieser jetzt zahlen.

Erste Instanzen fällen oft «medienfeindlichere» Urteile als die höheren Instanzen. Ringier kann mit einer Anfechtung des Urteils seine Position ziemlich sicher verbessern – tatsächlich will das Medienhaus das Urteil weiterziehen. Das Urteil schafft grossen Spielraum für spekulative Berechnungen. Der Zusammenhang zwischen einer Berichterstattung und ihrer Wirkung ist höchst schwer zu bestimmen. Entsprechend bevorzugen betroffene Medien, in solchen Fällen eine aussergerichtliche Einigung zu erzielen. Laut einem Bundesgerichtsurteil von 2006 ist bei der Gewinnherausgabe für rechtsverletzende Artikel entscheidend, inwieweit diese zur Steigerung oder Sicherung der Auflage und der Leser:innenzahl beigetragen haben. Nicht erforderlich sei, dass das Medium schwarze Zahlen schreibe; auch eine Reduzierung des Verlusts gilt als wirtschaftlicher Vorteil.

Das Zuger Gericht hat nun eine sehr hohe Summe ermittelt. Würde dies zum Massstab in weiteren Fällen, birgt das Urteil auch Risiken: Auch wenn es sich im vorliegenden Fall tatsächlich um Berichterstattung handelt, die Persönlichkeitsrechte verletzt, könnte es künftig als Präzedenzfall dienen, um Medien unter Druck zu setzen und somit unliebsame Informationen zu unterdrücken.