Neues aus der Wissenschaft: Wie soziosexuell sind Sie?
Was bloss soll man von einer Studie aus dem Fachbereich der biologischen Psychologie halten, deren AutorInnen zum Schluss kommen, sie hätten keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen gefunden? Und die sich damit brüsten, ihre Ergebnisse seien «belastbar», weil sie «im Vergleich zu ähnlichen Untersuchungen die meisten Testpersonen» hätten? Die ihrer Studie das Siegel hochstehender Qualität verleihen, rein aufgrund der Tatsache, dass sie von Beginn weg von anderen ForscherInnen begleitet und begutachtet wurde? Schliesslich mache dies die Forschung «transparenter»! «zuverlässiger»!
Milde gestimmt könnte man einwerfen, dass der für Öffentlichkeitsarbeit zuständige Schreiberling der Uni Göttingen etwas übereifrig und ungeschickt agiert habe in der Wahl seiner Formulierungen. Auf wissenschaftlicher Ebene jedenfalls spielte sich Folgendes ab: Da füllten über 2000 Menschen «aus vier verschiedenen Ländern» (so geht transparente Kommunikation: Es waren nicht die gleichen vier Länder) Fragebögen zu ihrer Persönlichkeit aus und liessen ihre Stimmen mit einem Computerprogramm vermessen. Und, es muss erwähnt werden, zum ersten Mal wurde die Tonlage so nicht einfach subjektiv als hoch oder tief bewertet, sondern durch «ein objektives digitales Mass» ermittelt. Kombiniert mit der Auswertung der Fragebögen kristallisierte sich vor allem ein Resultat heraus: Wer mit tiefer Stimme spricht, ist dominanter, extravertierter und vor allem soziosexueller (Achtung: Seitensprungalarm!) – egal ob Mann oder Frau.
Weniger milde gestimmt und den Fokus vom Übermittler der Botschaft auf die ForscherInnen verlagernd, drängt sich indes die Frage auf: Stehen hier die Schädelvermesser des 19. Jahrhunderts, die der sogenannten «Rassenhygiene» eine (pseudo)wissenschaftliche Basis schufen, im neuen digitalen Gewand vor uns? Auch Transparenz und zuverlässige Daten schützen vor Torheit nicht.
Immerhin: Im Vergleich zu den Vermessenen im 19. Jahrhundert haben sich die Testpersonen hier ihre Persönlichkeitsmerkmale selber zugeschrieben.