Kost und Logis: Fragen über Fragen
Karin Hoffsten über gewisse Boomer-Erfahrungen
«Liest sich ein bisschen so, als hätte jemand für die Antwort Chat GPT bemüht», werweisste kürzlich jemand auf Instagram unter dem Text, mit dem ich auf eine WOZ-Leser:innenfrage geantwortet hatte. «Wie kommt der oder die da drauf?», fragte ich mich, weniger beleidigt als erstaunt. Schliesslich hatte ich nach bestem Wissen und Gewissen mein Menschenhirn bemüht.
Obwohl vieles im World Wide Web meine Neugier weckt, war mir Chat GPT bis dahin ziemlich schnuppe. Selbst die betriebsinterne Weiterbildung zum Thema hatte ich nur dazu genutzt, mir ein Bild von den gesellschaftlichen Auswirkungen der KI zu machen, statt das Prompten zu üben. Und für alle, deren Erfahrungshorizont dem meinen ähnelt: «Prompten» heisst, die KI so geschickt zu fragen, dass sie halbwegs vernünftig antwortet. Offenbar neigt die künstliche Intelligenz zum Fantasieren und dazu, neben Logischem manchmal einfach dummes Zeug auszuspucken, wobei die Kunst der Humanintelligenz darin besteht, das eine vom andern zu unterscheiden.
Also lud ich Chat GPT herunter und begann zu fragen. Dass die KI auf «Wie wird morgen in Zürich das Wetter?» eine präzise Antwort zur Bewölkung gab, fand ich nicht so überraschend, sie greift ja auf die Daten sämtlicher Wetterdienste zurück. Erstaunt war ich, als sie anschliessend auch noch freundlich anbot: «Wenn du willst, kann ich dir auch die Wind- und Regenwahrscheinlichkeit liefern.» Und das auch tat, als ich schlicht «Ja» eintippte.
Und so wie Google bei seiner Geburt vor der letzten Jahrhundertwende dazu einlud, alles Mögliche zu suchen, auch Freund:innen, Bekannte und den eigenen Namen, verführt natürlich auch dieses System zu derartigen Spielchen. Bei der Suche nach mir selbst musste ich zwar feststellen, dass Chat GPT ein paar Hinweise brauchte, um mich überhaupt zu finden – aber immerhin wies es sofort auf die schwedische Rockmusikerin Louise Hoffsten hin, deren Nachname meine Brüder und mich dereinst stolz behaupten liess, sie sei sicher mit uns verwandt. Der Versuch, Chat GPT Texte in meinem Stil verfassen zu lassen, war zwar amüsant, aber nicht wirklich meins.
Um herauszufinden, wo es in Zürich die beste Pizza oder meine Hennalieblingsfarbe gibt, eignet sich die Maschine, wobei sich die wortreichen Ergebnisse natürlich lediglich an den im Netz verfügbaren Bewertungen orientieren. Um eine Antwort auf die Frage zu finden, weshalb jemand meinen Text als KI-generiert empfand, nutzt es hingegen nichts.
Was ich da betreibe, sind harmlose Spielereien. Was die KI im Arbeits- und Bildungsbereich anrichtet, weiss jedoch niemand. In der letzten «NZZ am Sonntag» las ich, Chat GPT habe schon nach drei Jahren den Arbeitsmarkt «überraschend schnell» verändert. Dabei wurden in einigen Branchen Stellen überflüssig, aber keine neuen geschaffen. Das gigantische Experiment mit offenem Ausgang läuft halt jetzt.
Karin Hoffsten fand alles etwas einfacher, als die Antwort auf die Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest noch «42» lautete.