Zollstreit: Transatlantische On-off-Beziehung

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Der Zollstreit zwischen der Europäischen Union und den USA schlägt seit einer Woche hohe Wellen im politischen Sommerloch. Ab 1. August, so Donald Trumps Drohung, würden Produkte aus der EU mit zusätzlichen dreissig Prozent Importtarifen belegt. Auf der anderen Seite des Atlantiks laviert man nun hektisch hin und her. Die Ansage aus Brüssel – man werde, so EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, alle nötigen Schritte unternehmen, um die Interessen der EU zu schützen – lässt allerdings Raum für Interpretationen.

Einerseits hat von der Leyen unmissverständlich klargemacht, dass eine Verhandlungslösung bevorzugt und die Option sogenannter Vergeltungszölle vorerst nicht gewählt wird. Zugleich aber wurde in dieser Woche, etwa beim Treffen der EU-Handels­minister:in­nen, ein 72-Milliarden-Euro-Paket mit Gegenzöllen diskutiert. Das kündigte EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič an und brachte die EU damit in Position für die entscheidenden Verhandlungen in der zweiten Julihälfte. Beschwichtigen oder Stärke zeigen, Kooperation oder Sich-nicht-Einschüchtern lassen? Das ist die Grundsatzentscheidung, vor der die EU nun steht.

Für die EU-Handelskommission, nach dem jüngsten Misstrauensvotum gegen von der Leyen ohnehin unter gehörigem Druck, bedeutet dies einen weiteren komplexen Versuch, die innere Einheit zu bewahren und nach aussen handlungsfähig zu bleiben. Im Besonderen geht es dabei um das transatlantische Verhältnis und dessen künftige Form. Dieses steht zur Debatte, seit Trump im Januar seine zweite Amtszeit antrat. Mit der Wiederannäherung am jüngsten Nato-Gipfel hatte man gehofft, sich auf die vermeintlich sichere Seite dieser überaus volatilen Beziehung manövriert zu haben – sei es auch zum Preis demonstrativer Unterwürfigkeit gegenüber Trump, verkörpert durch Nato-Generalsekretär Rutte.

Trump jedoch sendet seither weiterhin unvorhersehbare und widersprüchliche Signale: hier die angekündigten harten Einfuhrzölle, dort die erneute Zusage militärischer Unterstützung für die Ukraine und verschärfte Sanktionen gegen Russland. Für die EU fehlt all dem nicht nur die so dringend gesuchte Konsistenz, es offenbart auch ein vielschichtiges Grundproblem: Wie etwa lassen sich die jüngst beschlossenen Mehrausgaben für die Verteidigung stemmen – der Preis für Trumps Gunst –, wenn dessen Zölle zugleich den dringend benötigten Exporten die Luft abschnüren? Und wenn sich dadurch die sozialen Gegensätze weiter verschärfen, wie lässt sich der Exodus von Wäh­ler:in­nen aus dem demokratischen Spektrum eindämmen?